
Michael Zurwerra: Das war für mich tatsächlich eine der grössten Herausforderungen zu Beginn. Selbst Dozierende treffe ich nur etwa zwei- bis dreimal jährlich. Wir informieren natürlich sehr regelmässig über unsere Onlinekanäle. Und ich achte bewusst darauf, dass ich an unseren Standorten präsent bin. Mindestens ein bis zwei Tage arbeite ich in Zürich, die anderen bin ich in Brig oder im Tessin. Bei den Studierenden scheine ich durchaus präsent zu sein, wie ich bemerke. Regelmässig werde ich für Anliegen kontaktiert. Der Austausch funktioniert. Und es gibt kaum eine Zugfahrt von Brig nach Zürich, in der mich nicht eine Person grüsst, die bei uns studiert. Das schätze ich jeweils sehr!
Im Kern bleibt man ja immer gleich, dennoch gibt es Veränderungen. Die Frage ist vielleicht, ob sie teilweise nicht auch dem Alter geschuldet sind. Aufgrund meiner Erfahrungen lege ich heute mehr Gewicht auf den sozialen Umgang. Heute geht das zu oft verloren. Ist der menschliche Umgang gut, wird die Zusammenarbeit besser, wir werden innovativer. Dazu habe ich mein Interesse an den Veränderungen durch neue Technologien wie KI entdeckt. Sie verändern die Gesellschaft. Vor allem stellt sich die Frage, wo sie in der Bildung einen Mehrwert bringen. Dabei geht es mir nicht um Effizienz, sondern um grundlegende Fragen, um Ethik. Das interessiert mich stark, auch weil ich ursprünglich Philosophie studiert habe.
Wir haben eine riesige Entwicklung durchlebt und haben heute mehr als doppelt so viele Mitarbeitende und Studierende wie vor acht Jahren. Wir haben in dieser Zeit praktisch die ganze Infrastruktur aufgebaut. Die institutionelle Akkreditierung 2021 hat das Fundament dafür gelegt. Dadurch wurden auch die Beziehungen zur SUPSI enger, dies hat stark zur Qualität und zum Erfolg der FFHS beigetragen. Dennoch war das Wichtigste für mich der Aufbau unserer Forschung und Lehre. Sie sind das Herzstück unserer Hochschule.
Täglich bin ich unterwegs zwischen unterschiedlichen Menschen, Kulturen und drei Sprachen. Sei das zwischen dem Wallis und Zürich oder zwischen uns und anderen Hochschulen oder im Kanton Wallis. Das macht meinen Job so interessant und hat mich jung gehalten. Dieser Austausch mit den Menschen wird mir fehlen.
Bereits jetzt ist ein Buchprojekt am Entstehen, das ich im nächsten Jahr publizieren möchte. Es wird Kurzgeschichten enthalten und gibt mir die Möglichkeit, von den Fachthemen wegzukommen. Als ganz persönliches Projekt werden meine Frau und ich zudem einige Monate ins Ausland verreisen. Als Mitglied einer Partnership- for-Peace-Mission der NATO durfte ich türkische Offiziere kennenlernen, weswegen wir bereits oft die Türkei bereist haben. Ein besonderes Interesse haben wir an der Region Kappadokien entwickelt. Dort möchten wir einige Monate leben.
Michael Zurwerra studierte in Fribourg Philosophie und deutsche Literatur, unterrichtete danach am Briger Kollegium «Spiritus Sanctus» Philosophie, Deutsch und Geschichte und war dort bis
2013 als Prorektor und Rektor tätig. Er war hierbei massgeblich verantwortlich für den Aufbau des Nationalen Leistungszentrums für Schneesport. 2013 bis 2017 war er Rektor der Kantonsschule Trogen in Appenzell Ausserrhoden. Daneben war er Oberst im Generalstab und Stabschef, zudem amtete er als Gemeindepräsident von Ried-Brig.