Berufseinstieg? 3 Absolvent:innen – 5 Gedanken

Eine Absolventin, zwei Absolventen, drei ganz verschiedene Studienrichtungen und fünf Begriffe. Welche Gedanken tragen junge Berufsleute gleich nach dem Studium mit sich herum?

Nach dem Bachelor gleich voll in die grosse weite Arbeitswelt? Oder zuerst gleich mal die Skills mit einem Master vertiefen? Ist die geeignete Stelle gefunden, gleich möglichst viel Lohn aushandeln? Oder ist anderes wichtiger, etwa die Work-Life-Balance? Hier sind drei FH-Absolvent:innen, die kürzlich ihr Studium beendet haben und darlegen, was ihnen in Bezug auf den Berufseinstieg wichtig ist. Sie haben ihren Gedanken freien Lauf gelassen zu den fünf Stichworten «Lohn», «Soft Skills», «Netzwerk», «Weiterbildung» und «Glücksfaktor». Dass Weiterbildung beim Berufseinstieg noch weniger im Fokus steht, dafür umso mehr Berufserfahrung, spricht für sich. Was die drei Kandidat:innen sonst noch gesagt haben, liest du am besten gleich selbst.

 

Hier zuerst noch die drei Absolvent:innen im Kurzprofil:

Toby Graf (26), Bachelor in Photonics, FH GraubĂĽnden; Laseringenieur bei Menhir Photonics AG in Glattbrugg

 

Lena Frei (29), Master in Visual Communication and Iconic Research, FHNW HGK; davor Bachelor in Philosophie und Medien­wissenschaften, Universität Zürich); Mitarbeiterin FHNW HGK

 

Adrian Brand (28), Bachelor in Bauingenieurswesen, BFH; seit Oktober bei Hebetec AG in Hindelbank (spezialisiert auf Verschieben und Absenken grosser Lasten), davor im Hochbau tätig bei Emch+Berger

 

LOHN

Toby: Gemessen an meiner Ausbildung bin ich wohl unterdurchschnittlich bezahlt, da ich für ein Startup arbeite. Doch ich kann nicht klagen. Der Lohn liegt knapp über meiner persönlichen Schmerzgrenze und man kann gut davon leben. Ich brauche ohnehin nicht viel, bin sparsam und kann Geld auf die Seite legen. Vor allem aber ist die Arbeit ultraspannend und die Mitarbeitenden super. Von daher spielt der Lohn derzeit noch eine eher untergeordnete Rolle. Ich bin zudem guter Dinge, dass er sich mit etwas Arbeitserfahrung auch erhöht.

Lena: Klar, der Lohn ist sicher ein wichtiger Bestandteil, der stimmen muss beim Job. Ein angemessener Lohn drückt auch eine entsprechende Wertschätzung für die Arbeit aus, die man macht. Aber er ist natürlich nicht der einzige wichtige Baustein, gerade wenn es um die Zufriedenheit geht. Zwischen meinem Bachelor- und meinem Masterstudium habe ich ein Praktikum gemacht und entsprechend wenig verdient. Dafür konnte ich mir auch gewisse Freiheiten herausnehmen, zum Beispiel länger an einer Sache arbeiten. Das hat auch etwas Befreiendes. Aber das funktioniert halt nicht auf Dauer, denn irgendwann ist man doch auf einen richtigen Lohn angewiesen.

Adrian: Der Lohn sollte anfangs sicher kein ausschlaggebender Punkt sein, ob man eine Stelle antritt nach dem Studium. Er ist in einer Branche beim Einstieg ohnehin überall etwa gleich. Es gilt mehr auf die Arbeitsumgebung zu achten: Wie werde ich zum Beispiel eingearbeitet?Was kann ich an diesem Ort lernen? Aber es macht sicher Sinn, die mögliche Lohnentwicklung anzusprechen, wenn man sich auch gut einbringt. Bei den einen Firmen ist die Entwicklung relativ klar vorgegeben, bei anderen beruht sie viel stärker auf Leistung. Ich habe vor Kurzem den Job gewechselt, weil mit der Zeit das Verhältnis zwischen Lohn und Verantwortung beziehungsweise Druck nicht mehr ganz stimmte.

 

SOFT SKILLS 

Toby: Das Studium hat hier sicher viel gebracht. Ich habe erfahren, dass Dozenten auch nur Menschen sind, die unterschiedlich mit Kritik umgehen. Bei der Arbeit aber sind Soft Skills in dem Sinne kaum wirklich nötig – zum Glück! Denn wir sind ein sehr kleines Team mit sieben Mitarbeitenden und es herrscht eine freundschaftliche Atmosphäre. 

Lena: Ganz wichtig. Ich konnte eigentlich bei allem, was ich machte, gewisse Soft Skills mitnehmen, sei das in der Ausbildung, im Beruf oder bei Hobbys.

Adrian: Die sind, wie in jedem anderen Job, auch bei mir wichtig. Doch das Schöne am Ingenieurberuf ist, dass man auf die vorhandenen Soft Skills abstimmen kann, was man tut. Ich bin eher extrovertiert, kann gut mit Menschen reden, auf sie zugehen. Deshalb wurde ich oft für die Bauleitung vor Ort eingesetzt oder konnte an Sitzungen teilnehmen und mich einbringen. Dort sind Soft Skills gefragt. Ist man weniger der Typ dazu, kann man eher Büroarbeit erledigen. Das ist ziemlich ideal.

 

NETZWERK

Toby: Auch dieses Thema ist für mich eher weniter bedeutend. Natürlich ist unsere Firma auch an Messen anzutreffen, wenn Corona dies nicht verhindert. Und ich habe auch ein Linkedin-Profil. Doch als wichtig für meine Karriere erachte ich derzeit vor allem meine fachlichen Fähigkeiten und die Arbeitserfahrung.   

Lena: Ich habe an einer Uni studiert und dann an die FH gewechselt. Ich durfte viele Leute mit ganz verschiedenen Hintergründen kennenlernen, was unterschiedlichste Türen öffnen kann. Gerade für mich spielt daher das Netzwerk eine wichtige Rolle. Erst recht auch in Bezug auf meinen Beruf als Freelancerin. Im Design-Umfeld läuft sehr viel über Mund-zu-Mund-Propaganda, man kommt so am einfachsten an Aufträge heran. Da ist ein gutes Netzwerk essenziell.

Adrian: Es lohnt sich auf jeden Fall, eines aufzubauen. Ich erlebte das gerade als Ingenieur auf dem Bau mit Arbeitern und Handwerkern. Man muss dort viele Aufträge ausschreiben. Hat man Kontakte, kann man rasch mal nachfragen, welche Arbeit etwa wie lange und wie viele Leute braucht. So kann man genauer ausschreiben und die Offerten besser einschätzen. Ich nutze zudem Linkedin ziemlich regelmässig. So bin ich auch zu meinem neuen Job gekommen.

 

WEITERBILDUNG

Toby: Da habe ich derzeit keinen konkreten Plan. Natürlich geistert das Masterstudium im Hinterkopf herum. Doch dazu möchte ich ein konkretes Ziel für die Masterarbeit haben oder in einem bestimmten Fach dazulernen – etwas, das sich mit der Arbeit verbinden lässt. Zuerst aber möchte ich mich in die Arbeit vertiefen, Erfahrungen sammeln und meinen «Marktwert» etwas steigern.

Lena: Es stand schon im Raum, dass es weiter- geht. In der Forschung zum Beispiel.  Aber für eine klassische Weiterbildung ist bei mir der Master noch zu nah. Das Thema ist bei mir also mehr im Hinterkopf und gerade noch nicht so aktuell.

Adrian: Für mich ist das derzeit noch kein Thema, es fällt mir auch nichts ein, was ich würde machen wollen. Sicher müsste mich eine Weiterbildung im Betrieb weiterbringen oder ich würde sie für eine Umschulung nutzen.

 

GLĂśCKSFAKTOR

Toby: Das hat schon mit der Bewerbung begonnen: Ich schickte sie um 10 Uhr raus und erhielt noch vor dem Mittag den Anruf. Und ich kann meine Mitarbeitenden heute Freunde nennen. In Sachen Glück gebe ich mir neun aus zehn Punkten. Aber ist Glück und Zufriedenheit wirklich ein so eminent wichtiger Faktor am Arbeitsplatz? Wäre es nicht so, würde bei mir bestimmt die Effizienz und die Geschwindigkeit meiner Arbeit leiden, aber wohl nicht die Qualität.

Lena: Glück im Beruf ist etwas vom Wichtigsten. Wir haben vom Lohn gesprochen, der ist sicher wichtig. Aber natürlich ist entscheidender, dass man glücklich wird. Für mich trägt dazu bei, dass ich Teilzeit einer Arbeit nachgehen kann, um daneben Projekte zu verwirklichen, die fast noch mehr zum Glücklichsein beitragen. Ich kann wirklich behaupten, dass mir das, was ich mache, Freude bereitet.

Adrian: Der Dreizack für mich lautet Arbeit, Team, Lohn, in dieser Reihenfolge. Wenn einem die Arbeit gefällt, fällt einem vieles leichter, und wenn das Team toll ist, umso besser, und wenn auch noch der Lohn stimmt, sollte man dort bleiben. Erfüllend ist sicher, wenn man nach der Arbeit ein Resultat sieht, etwa wenn man ein Haus gebaut hat. Das bedeutet etwa Glück für mich.

 

Dieser Beitrag ist als Erstpublikation im INLINE November 2021 erschienen.

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