«Überstunden sind unnötig»

Redaktion FH SCHWEIZ
Redaktion | FH SCHWEIZ
  • 27.11.2019
  • 4 min
Rolf Arni hat sein Hobby – das Fotografieren – zum Beruf gemacht. Der FH-Absolvent ist aber auch Informatiker, Managing Partner, Ideenumsetzer und «Startupper».

«Ja», macht Rolf Arni klar. «In der Schweiz finden Hochschulabsolventen zu einfach einen gut bezahlten Job. Nur wenige entscheiden sich für die Selbstständigkeit.» Es fehle, so vermutet er, die Lust oder die letzte Notwendigkeit, den Schritt ins Unternehmertum zu wagen. «Die Schweiz bietet Alternativen, attraktive Alternativen.» Arni macht eine kurze Pause. Er nimmt einen Schluck Wasser, dann betont er: «Es werden trotzdem immer mehr. Auch das beobachte ich. Vielleicht verändert sich gerade etwas. Es drängt eine neue Generation in die Wirtschaft, die sich stärker der Verwirklichung eigener Ideen widmet. Viel Geld zu verdienen und auf Sicherheit zu setzen, sind keine zentralen Ziele dieser Generation.»

Rolf Arnis Beobachtungen haben Gewicht. Der FH-Absolvent hat den Impact Hub Bern mitgegründet und sitzt in dessen Geschäftsleitung. «Ich bin viel vor Ort. Ich fühle den Puls der Startup-Szene hautnah.»

Der Impact Hub Bern versteht sich als Drehscheibe für Innovation und Unternehmertum. Er ist Startup-Inkubator, Coworking-Place-Anbieter, Eventveranstalter sowie Dienstleister für Firmen. «Wir unterstützen Menschen mit Ideen und ermutigen sie, diese Ideen zu verfolgen. Wir vermitteln Wissen und schaffen den Rahmen, um Ziele zu erreichen.» Den Impact Hub Bern gibt es seit 2016. 56 Arbeitsplätze bietet der Hub, Arbeitsplätze, die die 300 Hub-Mitglieder für eine bestimmte Zeit oder fix buchen können, Infrastruktur inbegriffen. 2018 wurden 500 Events organisiert und es gingen 1400 Buchungen für die Hub-eigenen Sitzungszimmer an bester Lage in Bern ein. «Es läuft viel», so Arni, «es herrscht die richtige Startup-Stimmung.»

Es ist kurz nach Mittag im Hub. Einige Personen sitzen konzentriert hinter Notebooks, andere besprechen etwas am Sofatisch, manche stehen vor der Espressomaschine. Niemand lässt sich stören. Es wird Englisch und Berndeutsch gesprochen. Die einen kommen, die anderen gehen, alle folgen irgendwie einem inneren Plan. «Wer den Hub nutzt, ist leidenschaftlich bei der Sache. Jeder verfolgt mit seinem Startup ein Ziel, und Asaeldie Zeit ist immer knapp, es gibt viel zu tun», beschreibt Arni die Stimmung. «Unsere Member suchen bewusst die Zusammenarbeit mit Gleichgesinnten. Die Herausforderungen eines Startups können nicht im Alleingang gelöst werden. So entsteht Teamarbeit. Die Community trägt einen weiter. Und das ist der Spirit, der hier zu spüren ist und den wir alle mögen.»

Informatikstudium an der BFH

Dass Rolf Arni diesen Spirit mag, glaubt man ihm aufs Wort. Der 38-Jährige ist «Startupper» durch und durch. «Ich wusste eigentlich schon früh, dass ich mein eigener Chef sein wollte», sagt er. Nach der Informatiker-Lehre studierte er Informatik an der BFH. 2008 schloss er das Studium ab und gründete sein erstes Startup: Rentalens, eine Plattform, über die man Fotokameras und Objektive mieten kann. Kurz darauf begann er als Freelance-Fotograf zu arbeiten, und 2014 kam «fotokurs-reisen.ch» dazu. «2016 gründete ich dann gemeinsam mit fünf Partnern den Hub.» Neben all diesen Tätigkeiten belegte er ein konsekutives Masterstudium in Business Administration an der HES-SO und absolvierte ein Stage in New York. «Ich bin Unternehmer. Ich reisse Projekte an und führe sie bis zu dem Punkt, von dem aus sie eigenständig laufen. Ideen umsetzen und hohe Effizienz erreichen, das begeistert mich.»

Und was muss ein erfolgreicher «Startupper» mitbringen? – Mut, Durchhaltewillen und Motivation seien zentral, ist er überzeugt. «Der Glaube an die eigene AGIdee steht aber über allem und vermutlich auch die Fähigkeit, diesen Glauben anderen überzeugend zu vermitteln.» Was er dagegen kritisch beurteile, sei die Neigung der Startup-Szene, Überstunden als Teil ihres Selbstverständnisses zu sehen. «Überstunden sind selten förderlich, mit ‹Smart work› sind sie gar unnötig. Was man automatisieren kann, das sollte man automatisieren.» Das muss die Startup Szene also noch lernen, und am besten wohl von ihm, dem Tausendsassa.

Dieser Beitrag erschien als Erstpublikation im Magazin INLINE November 2019.

Kommentare