Sprachbarrieren zwischen Mensch und Technik

Zwei junge FH-Absolventen haben täglich mit Menschen und Maschinen zu tun. Die Sprache ihrer jeweiligen Fachwelt kommt für Laien einer Fremdsprache gleich. Umso wichtiger wird deshalb die richtige Form der Kommunikation.

Wer kennt es nicht? Wenn ein Handwerker versucht zu erklären, was er gerade tut, um eines deiner Haushaltsgeräte zum Laufen zu bringen. Oder wenn die Software am Arbeitsplatz nicht so tut, wie sie sollte, und der IT-Spezialist die Zusammenhänge zu erhellen versucht. Oftmals könnten sie genauso gut Arabisch sprechen, denn ihr Fachchinesisch ist für uns Laien schlicht eine Fremdsprache.
Diese Sprachgrenzen kennen unsere zwei Protagonisten Pascal Schär und Patrick Odermatt nur zu gut aus ihrem Alltag. Schär ist Geomatiker mit Bachelor- und Masterabschluss an der FH. Sein Alltag besteht aus komplexen Vermessungen, zumeist auf Baustellen. Die richtige Kommunikation mit Bauherren und Experten aus anderen Fachbereichen ist für ihn eine eigene Disziplin, wie er unten schön beschreibt. Sprachliche Hürden lauern an jeder Ecke.
Äusserst abstrakt geht es auch im Alltag von Patrick Odermatt zu und her. Der frischgebackene Informatiker FH ist als Softwareentwickler in der Welt der Programmiersprachen zu Hause. Seine Herausforderung ist es, Maschinen so zu programmieren, damit sie tun, was wir wollen. Gleichzeitig müssen die Vorgänge für uns Menschen nachvollziehbar bleiben. Ein kleiner Ausflug in das Reich von Metadaten, Algorithmen und die Ungenauigkeiten der menschlichen Sprache.

 

 

«Ich nehme eine andere Flugebene ein»

Pascal Schär (30), Absolvent BSc in Geomatik und MSc in Engineering mit Vertiefung in Geomatik an der FHNW; Projektleiter bei W+H AG in Solothurn

 

«In meiner Ausbildung bin ich weit in die Fachmaterie abgetaucht, ich verstehe die Details und erkenne Zusammenhänge. Doch um jemandem, der dieses Wissen nicht hat, etwas zu erklären, muss ich eine andere Flugebene einnehmen. Dies ist nicht immer ganz einfach. Eine komplexe Thematik verständlich herunterzubrechen ist immer eine Herausforderung.
Bei uns in der Vermessungsbranche beginnt dies bereits bei den Offerten. Am Ende unserer Arbeit springen, je nach Arbeit, «nur» ein paar Zahlen heraus. Wie kann es also so teuer sein, diese Ziffern zu errechnen? Einem Kunden dies zu erläutern, ist nicht einfach.
Die nächste Hürde lauert zwischen mir und Fach­experten aus einem anderen Gebiet, die meine Messungen für die weitere Planung benötigen. Hier stellen sich Fragen wie: Welche Messungen sind genau gefragt? Wie genau müssen diese sein? Was muss ich wie messen, damit der Kunde erhält, was er braucht? Denn Vermessung gibt es nie ab Stange. Eine gute und klare Kommunikation ist vorgängig nötig, damit wir am Ende nicht umsonst gearbeitet haben. Ein Beispiel, wie es schieflaufen kann: Ein Kunde bestellt bei mir die Messung A. Nach meinem Verständnis ist B zu messen. Das Resultat B gebe ich zusammen mit den Erläuterungen zurück, worauf der Kunde die Messresultate weiterverwendet oder weitergibt, in der Annahme, es handle sich um die Messung A. Natürlich wird dies später zu roten Köpfen führen.
Ein Patentrezept, wie man Dinge erklären muss, habe ich bisher nicht gefunden. Ich versuche mich meist in die Situation des Gegenübers zu versetzen, mögliche Berührungs- oder Überlappungspunkte zu orten. Danach versuche ich herunterzubrechen, um es mundgerechter hinzubekommen. Und vor allem stelle ich immer wieder Rückfragen, ob mein Gegenüber es verstanden hat. Das kommt nicht immer gut an, doch so kann man Missverständnisse vermeiden. Und am Ende geht es nicht nur um eine gute und richtige Kommunikation, sondern auch darum, wie man kommuniziert.»

 

 

«Unsere Sprache ist ineffizient»

Patrick Odermatt (24), Absolvent BSc in Informatik mit Schwerpunkt in Artificial Intelligence and Visual Computing an der HSLU Informatik; Softwareentwickler bei Remec AG, Schattdorf UR

 

Was ist der wesentliche Unterschied zwischen unserer Sprache  und Computersprache?
Die Sprache der Maschine beziehungsweise von Computern arbeitet mit Regeln in Form von Algorithmen. Die Befehle sind klar. Unsere Sprache hingegen bietet viel Spielraum für Missverständnisse. Deshalb ist es so schwierig, Programme zu entwickeln, die unsere Computer mit Sprachbefehlen steuern. Die feinen Unterschiede und Unregelmässigkeiten unserer Sprache machen es schwierig, sie den Maschinen beizubringen.

Wie lösen wir das Problem?
Eine Möglichkeit ist es, ihnen Kontext zu vermitteln. Im einfachen Satz «Roger Federer wird am 8. August 40 Jahre alt» schwingt für uns zusätzliche Information mit: Er ist ein Mann, Roger ist ein Vorname, Federer ein Nachname. Wenn wir der Maschine solche Informationen als Metadaten mitgeben, kann sie selbstständig mehr Informationen ableiten, zum Beispiel den Jahrgang.

Dazu benötigst du Programmiersprachen, richtig?
Unter anderem ja, wir arbeiten nicht mit den Ziffern 0 und 1, wie es oft in Filmen dargestellt wird. Die Programmiersprachen, zum Beispiel Java, sind stark an Englisch angelehnt. Wir schreiben einen Code in dieser für uns Menschen gut lesbaren Sprache. Für die Maschine wird dieser anschlies­send in einen Maschinencode übersetzt.

Und wo lauern für dich beim Programmieren nun die grössten Übersetzungshürden?
Der Code muss für beide Seiten gut lesbar sein. Eine Software hat oft eine lange Lebensdauer. Und der Code muss auch in zehn Jahren noch verständlich sein. Nicht nur für den Verfasser. Daher müssen wir ihn gut gliedern, gut lesbar, eben «schön» schreiben. Absätze, Abstände, Gliederung spielen für eine Maschine keine Rolle. Sie kann den Code auch so lesen. Wenn eine Maschine einen Code verfassen würde, hätten wir wohl Mühe, ihn zu entziffern. Unsere Sprache ist aus Sicht einer Maschine eher umständlich und in­effizient.


Dieser Beitrag ist als Erstpublikation im INLINE August erschienen.

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