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Geldwäscherei: Wenn die verlassene Bar boomt und sich das Schnitzel wundersam vermehrt

Wer schmutziges Geld waschen will, braucht keine Waschmaschine, sondern ein überzeugendes Tarngeschäft, ein Netzwerk aus Scheinfirmen und eine Bank, die nicht alle Transaktionen kritisch hinterfragt. Eine zentrale Rolle spielen auch verschwiegene Anwälte oder diskrete Treuhänderinnen, die stellvertretend Investitionen tätigen – zum Beispiel in Immobilien oder Kunstwerke. Entsprechende Praktiken sind in der Schweiz trotz strenger Sorgfalts- und Meldepflichten nach wie vor verbreitet. Die Politik diskutiert deshalb immer wieder über schärfere Gesetze. Doch woran erkennt man Geldwäscherei überhaupt? Welche Warnsignale gibt es? Und welche Massnahmen sind wirksam?

 

Autorin: Ursula Ammann

 

Willy Weisswest besitzt 700’000 Franken in bar aus illegalem Drogenverkauf. Dieses Geld möchte er in den legalen Wirtschaftskreislauf einschleusen. Deshalb eröffnet er eine Bar. In der Realität gehen dort kaum Gäste ein und aus. Auf dem Papier aber boomt der Laden und wirft eine Menge Umsatz ab. Jedenfalls zahlt Willy Weisswest regelmässig grosse Summen Bargeld auf sein Geschäftskonto ein. Für die Bank ist dies unverdächtig, denn in einer Bar wird schliesslich auch oft bar bezahlt.

Das aus dem Drogenhandel stammende Vermögen fliesst so als «reguläre» Einnahme aus dem Barbetrieb in den regulären Finanzkreislauf. Geld, das Willy Weisswest auch ordentlich versteuert, um auf keinen Fall Verdacht zu erregen. Bald gründet er eine Briefkastenfirma in einem anderen Kanton. Als Geschäftsführerin tritt seine Treuhänderin auf. Sie macht die Buchhaltung und sorgt dafür, dass die Unterlagen sauber aussehen. Dann «beauftragt» Willy Weisswest die Firma offiziell mit der Inneneinrichtung seiner «florierenden» Bar und überweist ihr dafür 250’000 Franken. In Wahrheit ist das Interieur nur marginal umgestaltet worden. Die Überweisung diente einzig dazu, die Herkunft des Geldes weiter zu verschleiern. Es folgt der nächste Schritt: Über seine Briefkastenfirma investiert Willy Weisswest in eine kleine Eigentumswohnung. Auf diese Weise legt er das inzwischen saubere Geld unauffällig und in bleibende Werte an.

Das Beispiel ist frei erfunden, illustriert aber ein typisches Vorgehen bei Geldwäscherei. Jemand eröffnet zum Schein ein Geschäft – ob einen Gastrobetrieb, ein Nagelstudio oder einen Barbershop – mit dem Ziel, illegal erwirtschaftetes Vermögen in legal verdientes Geld umzuwandeln und es damit so zu tarnen, dass es nicht mehr in Verbindung mit der Straftat gebracht werden kann. Solche Praktiken sind gemäss Esther Omlin und Stefan Neumann auch in der Schweiz verbreitet. Die beiden leiten den CAS Geldwäscherei bekämpfen an der OST – Ostschweizer Fachhochschule. Esther Omlin hat als Oberstaatsanwältin des Kantons Obwalden entsprechende Fälle untersucht und in ihrer Rolle als Aufsicht der Wirtschaftskriminalitätsabteilung Einblick in weitere Formen organisierter Vermögensverschleierung erhalten. Stefan Neumann hat die Fachstelle für Geldwäschereibekämpfung bei der Credit Suisse Schweiz geleitet und war dort auch für Kryptowährungen weltweit zuständig – ein Bereich, der im Zusammenhang mit Geldwäscherei rasant an Bedeutung gewinnt.

Immobilienhandel ist anfällig für Geldwäscherei

In der Praxis lässt sich grob zwischen globaler und lokaler Geldwäscherei unterscheiden. Globale Geldwäscherei ist grenzüberschreitend und häufig mit organisierter Kriminalität, Korruption oder Steuerdelikten verbunden. Lokale Geldwäscherei spielt sich innerhalb eines Landes ab und betrifft in der Regel Geld aus Straftaten wie Drogenhandel, Schwarzarbeit oder illegalem Glücksspiel, das über scheinbar legale Betriebe als reguläres Einkommen deklariert wird und so seinen Weg in den legalen Finanzkreislauf findet.

Gemäss Fedpol besteht bei einem Grossteil der Immobiliengeschäfte in der Schweiz der Verdacht, dass sie unter anderem mit Geldern aus illegaler Herkunft finanziert werden.

Dr. iur. Esther Omlin

IFL Institut fĂĽr Finance und Law
Kursleiterin CAS Geldwäscherei bekämpfen

Sind lokale Geldwäscher wie Willy Weisswest im Vergleich zu den globalen Akteuren, die oftmals eine hohe mediale Aufmerksamkeit erregen, also nur kleine Fische? «Diese vermeintlich unbedeutenden Fälle mögen harmlos erscheinen», sagt Stefan Neumann. «Doch in der Summe geht es um beträchtliche Beträge.»

Auch Esther Omlin betont, dass die Tragweite lokaler Geldwäscherei nicht unterschätzt werden dürfe.  Unter anderem deshalb, weil sie oft schwer zu erkennen sei und mafiöse Strukturen im direkten Umfeld nähre. Das zeige sich zum Beispiel im Immobilienhandel, sagt die Juristin. «Gemäss Fedpol besteht bei einem Grossteil der Immobiliengeschäfte in der Schweiz der Verdacht, dass sie unter anderem mit Geldern aus illegaler Herkunft finanziert werden.»

Dr. rer. pol. Stefan Neumann

IFL Institut fĂĽr Finance und Law
Kursleiter CAS Geldwäscherei bekämpfen

Der Kunstbereich ermöglicht es, hohe Vermögenswerte relativ unauffällig zu verschieben. Da Kunst einen ideellen Wert hat, ist es schwer, den Preis objektiv zu bewerten und Geldwäscherei nachzuweisen.

Von Kunst bis Krypto

Neben dem Immobilienhandel sei auch der Kunsthandel ein attraktives Tummelbecken für Geldwäscherei, sagt Stefan Neumann. «Dieser Bereich ermöglicht es, hohe Vermögenswerte relativ unauffällig zu verschieben. Da Kunst einen ideellen Wert habe, sei es schwer, den Preis objektiv zu bewerten und Geldwäscherei nachzuweisen.

Wenn jemand also bei einer Galerie ein Gemälde für 100’000 Franken kauft und dieses anschliessend für 150’000 Franken weiterverkauft, lässt sich kaum ermitteln, ob dieser Betrag realistisch oder künstlich aufgebläht ist, da Kunst keinen festen Marktwert hat. Es könnte ja sein, dass das Bild den Käufer oder die Käuferin emotional so berührt, dass diese Person bereit ist, die entsprechende Summe zu zahlen.

Auch Kryptowährungen werden immer häufiger gezielt dazu genutzt, Geld zu waschen. Zum Beispiel verlangen Erpresserinnen und Erpresser Lösegelder oftmals in Bitcoins. Nach Erhalt verwischen sie die Spuren, indem sie die Beträge auf viele verschiedene digitale Konten (sogenannte Wallets) verteilen oder spezielle Dienste nutzen, um die Herkunft der Bitcoins zu verschleiern – sogenannte Mixer. Danach tauschen sie diese oft in andere Kryptowährungen oder in normales Geld um. Aus digitalem Lösegeld wird so echtes «sauberes» Geld, über das sie frei verfügen können.

«Im Jahr 2018 haben wir bei der Bank durchschnittlich täglich 1,5 Verdachtsfälle im Zusammenhang mit Kryptowährungen untersucht, sprich Situationen, in denen bestehende oder potenzielle Kundinnen oder Kunden behaupteten, mit Bitcoins ein Vermögen gemacht zu haben», erzählt Stefan Neumann. «Sie wollten Geld, das angeblich aus dem Kryptohandel stammte, einwechseln oder auf ihr Konto einzahlen, manchmal direkt am Schalter der Bank. Unsere Aufgabe war es, zu überprüfen, ob diese Erklärungen plausibel sind.»

Meldungen häufen sich

Schweizer Banken unterstehen dem Geldwäschereigesetz (GwG). Es verpflichtet sie dazu, die Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) über verdächtige Transaktionen zu informieren. 2024 haben die Verdachtsmeldungen im Vergleich zum Vorjahr um fast ein Drittel zugenommen – von 11’876 auf 15’141. Das entspricht durchschnittlich 59 Meldungen pro Werktag. Diese Zunahme sei unter anderem durch Kryptowährungen, aber auch durch ein neues digitales Meldesystem und vermehrte Aufforderungen zu begründen, sagt Stefan Neumann.

Aber wie erkennt man Geldwäscherei überhaupt? Welche typischen Anzeichen gibt es dafür und wer wird wann und wie aktiv? Ein Warnsignal sind zum Beispiel Transaktionen ohne erkennbaren wirtschaftlichen Hintergrund, dazu noch in grosser Häufigkeit. «Allerdings haben Banken natürlich ein Interesse, dass viele Transaktionen stattfinden, da sie daran verdienen», sagt Stefan Neumann. Nicht umsonst heisse es «Hin und Her macht Banken schwer». Zudem sei eine Überprüfung nicht immer einfach. «Geldwäscher sind darauf geschult, vertrauenswürdig aufzutreten. Und sie haben immer eine einfache Erklärung parat.»

Um die Herkunft von illegalen Geldern zu verschleiern, gründen Kriminelle oftmals Scheinfirmen – auch Briefkastenfirmen oder Strohfirmen genannt. «Die Eintragung einer neuen Firma ins Handelsregister kann deshalb Aufschluss darüber geben, ob Geldwäscherei geplant ist», sagt Esther Omlin. Während ihrer Zeit als Oberstaatsanwältin im Kanton Obwalden hat sie jedoch erlebt, dass grosszügig neue Firmen ins Handelsregister aufgenommen wurden – auch dann, wenn sie keinerlei Bezug zur Schweiz hatten. «So kamen auch Scheinfirmen ohne Weiteres zu einem Handelsregistereintrag und konnten problemlos Bankkonten eröffnen.» In besonderer Erinnerung bleibt ihr der Fall eines Familienclans rund um den kroatischen Fussballclub Dinamo Zagreb. Dieser Clan liess seine schmutzigen Geschäfte unter anderem über eine Firma im Kanton Obwalden laufen. Die kroatische Staatsanwaltschaft reichte deshalb ein internationales Rechtshilfegesuch ein.

Ungereimtheiten feststellen könnten auch die Steuerbehörden. Sie haben Einblick in die Umsätze von Geschäften. So wäre es möglich, abzugleichen, ob die Einnahmen, die beispielsweise von einem Barbetreiber wie Willy Weisswest angegeben werden, erklärbar sind oder aus der Luft gegriffen. «Steuerbeamte haben aber meist einen komplett anderen Fokus», sagt Stefan Neumann. «Sie möchten Steuerhinterziehungen aufdecken. Bei der Geldwäscherei passiert aber genau das Gegenteil. Wer Geld waschen will, kauft ein Schnitzel ein, gibt aber an, 50 gegen bar verkauft zu haben, um sein aus illegalen Tätigkeiten erworbenes Vermögen als legale Einnahmen zu deklarieren.»

Insgesamt ist es oftmals aber sehr komplex, Geldwäscherei aufzudecken, wie Stefan Neumann und Esther Omlin betonen. Ob wegen der ausgeklügelten Verschleierungstaktiken der Täterinnen und Täter, wegen fehlender Kontrollmechanismen, aber zum Beispiel auch wegen des Anwaltsgeheimnisses, das Aufklärungen zuweilen verunmöglicht.  

Sicherheit und Know-how gewinnen

Geldwäschereibekämpfung ist letztlich eine Angelegenheit, die die Aufmerksamkeit und Zusammenarbeit verschiedener Stellen erfordert. Neben Banken können auch Finanzintermediärinnen und -intermediäre aus Treuhandbüros, Anwaltskanzleien oder Notariaten dazu beitragen, Geldwäscherei zu verhindern. Anwälte, Notarinnen und Treuhänder unterstehen allerdings nicht dem Geldwäschereigesetz. Dies wollte der Bundesrat ändern. Er unterbreitete dem Parlament kürzlich einen entsprechenden Vorschlag. Der Ständerat hat der Vorlage zwar zugestimmt, diese aber so stark abgeschwächt, dass Treuhänderinnen oder Anwälte, die bei der Planung oder Durchführung bestimmter Geschäfte – wie etwa dem Kauf von Immobilien oder der Gründung von Gesellschaften – mitwirken, nicht mehr betroffen sind.

In der Tendenz dürften die Sorgfalts- und Meldepflichten in den nächsten Jahren aber zunehmend ausgeweitet werden. In der Branche herrsche deshalb eine grosse Unsicherheit, sagt Esther Omlin. Hier setzt der CAS Geldwäscherei bekämpfen, den sie zusammen mit Stefan Neumann leitet, an. Der Zertifikatskurs bietet einen Überblick über das komplexe Phänomen der Geldwäscherei sowie über die aktuelle Gesetzgebung. Zudem lernen die Teilnehmenden Instrumente zur Erkennung und Bekämpfung von Geldwäscherei kennen. Ziel ist, dass sie Know-how und Sicherheit im Umgang mit Geldwäscherei gewinnen und damit zur Prävention beitragen können.

CAS Geldwäscherei bekämpfen

Der Zertifikatskurs (CAS) Geldwäscherei bekämpfen vermittelt Know-how und Sicherheit im Umgang mit Geldwäscherei. Er geht auf die Entstehung, Verbreitung und Bedeutung sowie auf die Funktionsweise und Auswirkungen der Geldwäscherei ein. Diese Aspekte werden aus verwaltungsrechtlicher, strafrechtlicher, kriminologischer, soziologischer und finanztechnischer Sicht beleuchtet. Im Anschluss werden alltagstaugliche Präventionsmöglichkeiten abgeleitet.

Mehr Infos zum CAS «Geldwäscherei bekämpfen»

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