Erfolg dank Qualität

Martin C. Rusterholz hat eine lange Karriere in Top-Führungspositionen hinter sich. Nun hat er sich auf das Gebiet der Assessments und Management Audits zurückbesonnen, wo er mit Leidenschaft sein Wissen und seine Erfahrung einbringen kann. Im letzten Jahr hat er die Firma Convidis übernommen. Wann ein Assessment Sinn macht und welche Kunden anklopfen, erzählt er im Interview.

Für manche ist es ein Angstbegriff, für andere wiederum eine sportliche Herausforderung: as Assessment. Man denkt dabei gerne an knallharte und eiskalte Selektion. Martin C. Rusterholz kann dieses Klischee nicht bestätigen. Er hat im vergangenen Sommer die Firma Convidis übernommen, die sich auf Assessments spezialisiert hat. Für ihn schliesst sich damit ein Kreis: Bereits vor 30 Jahren hat er erste Erfahrungen auf diesem Gebiet gemacht. Nach einer internationalen Karriere in der Wirtschaft ist er nun zu seinen Wurzeln zurückgekehrt.

Herr Rusterholz, warum braucht eine Firma ein Assessment, um eine Stelle passend zu besetzen? Weiss man nicht selbst am besten, wer passt?
Martin C. Rusterholz: Man weiss es eigentlich schon, kann es jedoch kaum prüfen. Wer eine Stelle ausschreibt erhält einen CV und holt Referenzen ein, die in der Regel positiv ausfallen. Und im Interview weiss ein geübter Kandidat natürlich, wie man auf die Fragen antwortet. Kaum eine Linienvorgesetzte führt täglich Bewerbungsgespräche und kennt die richtigen Fragen, die man stellen sollte. So ist es unmöglich, alle entscheidenden Kompetenzen einer Kandidatin zu überprüfen. Und genau dies machen wir im Assessment. Es ist ein wichtiges Instrument, um einen Personalentscheid abzustützen. Kurz gesagt: Die Kundin hat damit eine bessere, breitere Grundlage für die anstehende Personalentscheidung. Letztlich ist es auch eine Kostenfrage: Viele Führungskräfte haben eine Kündigungsfrist von mehreren Monaten oder gar Jahresverträge. Da ist ein Assessment deutlich günstiger als ein Fehlentscheid, der nach einigen Wochen oder Monaten bemerkt wird.

 

Kann man sich als Kandidatin vorbereiten?
Nein, das kann man nicht. Wir haben den ganzen Tag Zeit, uns mit dem Menschen auseinanderzusetzen. Wir sehen, wie die Kandidierenden an Aufgaben herangehen, wie sie sich geben, wie sie reden. Vieles läuft über die persönlichen Interaktionen, deshalb ist uns die physische Begegnung wichtig. Da kann man sich nicht vorbereiten, und es wäre auch nicht gut. Wir merken schnell, wenn sich jemand verstellt. Von uns nehmen deshalb immer eine Psychologin oder ein Psychologe sowie eine Person mit Führungserfahrung teil. Wir bringen viel Kompetenz mit und legen Wert auf die praxisbezogene Perspektive. Wenn immer möglich bin ich selbst beim Assessment dabei und bringe meine Erfahrung ein.

 

Welche Qualifikationen oder Eigenschaften müssen Assessoren, also Ihre Mitarbeitenden, mitbringen?
Ganz allgemein: Man muss Menschen mögen, gerne mit ihnen zusammenarbeiten, empathisch sein. Kommunikationsfähigkeit ist ebenfalls wichtig, da die Beobachtungen in einem individuellen Bericht schlüssig und treffend zusammengefasst werden müssen. Unsere Psychologen und Psychologinnen haben zudem ein abgeschlossenes Studium. Ausserdem ziehen wir bei Bedarf Spezialisten aus den Fachbereichen hinzu. Gerade wichtige aktuelle Themen wie Führung 4.0 oder die Transformation von Business Models spielen hier eine zentrale Rolle, die wir abdecken. Wir sind ständig auf der Höhe der Anforderungen von Markt und Unternehmen. 

 

Wie sind Sie persönlich mit dieser Dienstleistung erstmals in Berührung gekommen?
Das war 1991, bei Metro Cash and Carry in Baar, einem grossen internationalen Handelsunternehmen. Ich war Hauptabteilungsleiter Personalentwicklung (PE), also im HR, und wir konnten eine PE-Strategie erarbeiten. Ein Tool darin war das Assessment. Wir wollten es für uns individualisieren und haben dies zusammen mit einem Institut in Köln entwickelt. Dieses Instrument hat mich seither auf dem beruflichen Weg begleitet, ich war immer überzeugt von seinem Mehrwert. Es eignet sich für fast jede Position ab einer gewissen Hierarchiestufe oder Schlüsselposition. Und jetzt lebe ich dafür, deshalb habe ich Convidis gekauft – während der Coronakrise.


Wie lautet Ihr Erfolgsrezept?
Der Erfolg basiert auf Qualität und unseren Wettbewerbsvorteilen. Wir entwickeln jedes Assessment neu, zugeschnitten auf die Bedürfnisse des Kunden und auf die Position. Natürlich spielen auch Qualifikation und Zusammensetzung unserer Mitarbeitenden eine Rolle. Wir haben langjährige Kunden, die uns vertrauen. Die Hälfte davon stammt aus öffentlichen Verwaltungen, die andere Hälfte aus der Privatwirtschaft. Eines unserer Qualitätsmerkmale sind persönliche Feedbacks: Jeder Kandidat und jede Kandidatin erhält von der Psychologin eine detaillierte Rückmeldung. Das ist für die Teilnehmenden von grossem Nutzen, unabhängig davon, ob sie den Zuschlag erhalten. Auch das Netzwerk ist wichtig. Meine Kontakte aus der Zeit an der HWV und während des Executive MBA sind noch heute wertvoll.


Für welche Jobs und Positionen machen Sie hauptsächlich Assessments?
Unsere Kunden aus der Privatwirtschaft sind nebst grösseren Unternehmen vor allem KMU. Aus gutem Grund: Sie können sich eine Fehlentscheidung bei Schlüsselpositionen, etwa bei einem COO oder einer Bereichsleiterin, noch weniger leisten als ein Grosskonzern. Grundsätzlich macht ein Assessment ab der Stufe Teamleitung Sinn – unabhängig von der Branche oder Funktion. Schliesslich prüfen wir nicht das Wissen oder die Erfahrung, sondern die Persönlichkeit und deren Kompetenzen. Wir hatten zum Beispiel einmal einen Garagisten als Kunden. Er suchte einen Nachfolger für seinen Kleinstbetrieb, hatte zwei Kandidaten und wollte wissen, welcher besser geeignet wäre. Es ist schön, wenn man in solchen Situationen helfen und mit so weitsichtigen Kunden arbeiten kann. Auf der anderen Seite assessieren wir auch Kader und Schlüsselpositionen für Verwaltungen oder zum Beispiel den COO eines grossen Handelsunternehmens. Die
Spannbreite ist riesig.

 

Dieser Artikel erschien als Erstpublikation im INLINE Ausgabe Februar 2022.

MUSTERKARRIERE

Im Juli 2021 hat Martin Rusterholz (58) die Firma Convidis übernommen. Zuvor führte ihn seine Karriere durch mehrere Führungsfunktionen in der Privatwirtschaft, unter anderem als Vorstand von Media Markt Saturn, als CEO von Medimax in Düsseldorf, als CEO von Media Markt Schweiz und als Partner in einer Executive Search Boutique in Frankfurt. Sein Studium in Betriebsökonomie absolvierte er an der HWV in Zürich, gefolgt von einem EMBA an den Universitäten Zürich und Stanford.

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