«Die Balance muss stimmen»

Renate Hasler (48) hat vor gut einem Jahr ihr Unternehmen Hasler Management, Career Coaching & Consulting gegründet. Sie coacht und berät Senior- Fach- und Führungskräfte und Executives. Zuvor war sie als Führungskraft und Spezialistin im HR Management, als Projektleiterin, Coach und Consultant, in internationalen Unternehmen im In- und Ausland tätig. Sie hat an der HWZ berufsbegleitend Betriebsökonomie studiert und an der University of Sydney einen Master in HR Management & Coaching abgeschlossen.

Welche Themen bewegen FH-Studierende während der Weiterbildung am stärksten?

Meist geht es um die Mehrfachbelastung, also Beruf, Studium und Privatleben unter einen Hut zu bringen. Gerade Masterstudierende sind ambitionierte Menschen – sie haben hohe Ansprüche an sich selber. Sie wollen im Beruf gut sein, die Ausbildung erfolgreich abschliessen und gleichzeitig in der Partnerschaft nicht enttäuschen. Die Kunst ist es, zu priorisieren, damit man sich nicht übernimmt und in ein Burnout läuft.

Was raten Sie, um dies zu verhindern?

Lieber überall einen Schritt zurückgehen, um ein Ungleichgewicht zu verhindern. Wenn etwa die Beziehung zu stark unter der Arbeitslast leidet, zieht das auch die anderen Bereiche hinunter. Man muss die Aussenperspektive einnehmen und sich fragen: Wo kann ich etwas zurückschrauben? Mit Sport oder Mentaltraining kann man einer Überlastung auch entgegenwirken. Und gerade bei Führungskräften ist die Reflexion wichtig - dass sie bereits früh lernen, sich mit sich selber auseinanderzusetzen. Teilweise wird Zielen nachgeeilt, ohne zu merken, dass man unglücklich ist. 

Wie hat sich die Karriereplanung, etwa bei Frauen, durch den gesellschaftlichen Wandel verändert?

Karrieren sind bei Frauen selbstverständlicher geworden. Speziell fällt mir aber auch der Wandel bei jüngeren Männern auf. Ich sehe hier ein wachsendes Bedürfnis, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Auch die Loslösung vom Gedanken, Haupternährer sein zu müssen, kann Druck wegnehmen und eine positive psychologische Wirkung haben.

Was war Ihre grösste Herausforderung, als Sie sich selbstständig gemacht haben?

Sich am Markt selber positionieren zu müssen. Das erfordert immer einen grossen Effort. Aber wenn man schon über ein gutes berufliches und privates Netzwerk verfügt, ist dies bestimmt sehr hilfreich. Ich geniesse es sehr, nahe an den Kundenunternehmen und Klienten zu sein und deren Bedürfnisse hautnah zu spüren.

Welche Tipp geben Sie Menschen, die mit dem Gedanken spielen, sich selbstständig zu machen?

Sie müssen sich folgende Fragen stellen: Habe ich die Charaktereigenschaften dazu? Bin ich von meinem Produkt überzeugt und bringe ich damit meinen Zielkunden den Nutzen, um ihr Leben zu verbessern? Weiss ich auch, wie ich es vermarkten und mich damit abheben kann? Wenn jemand zwar ein gutes Produkt hat, aber wenige oder keine unternehmerische Stärken besitzt,  rate ich von einer Selbstständigkeit ab. Auch die Ressourcen müssen vorhanden sein, mental wie auch finanziell. Kann ich Schwankungen im Einkommen oder eine längere Durststrecke  durchstehen? Eine der grössten Risiken ist, dass man sich gesundheitlich übernimmt, weil insbesondere der Anfang mit viel Arbeit verbunden ist. Doch auch hier gilt: Jeder Mensch ist anders. Die einen machen es mit einer scheinbaren Leichtigkeit, andere scheitern an einer vermeintlich leichten Aufgabe.

Dieser Beitrag ist als Erstpublikation im Magazin INLINE August 2020 erschienen.

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