GebĂ€udebegrĂŒnungen sind nichts Neues. Dennoch wird die Fassade, die einen Grossteil der GebĂ€udehĂŒlle ausmacht, oft vernachlĂ€ssigt. Als Ausgleich dazu werden u.a. NistkĂ€sten platziert. Diese additiven Elemente sind nĂŒtzlich, aber hĂ€ufig nicht fertig durchdacht. Wenn z.B. keine Blumen in der NĂ€he von Bienenhotels sind, werden sich auch keine Wildbienen ansiedeln. Unser Ziel war es deshalb eine Fassade so zu gestalten, dass sie selbst als eine Grundlage fĂŒr Flora und Fauna dient und die BedĂŒrfnisse von Arten innerhalb ihres Lebensraumes berĂŒcksichtigt. Begleitet wurde unser Vorhaben durch Dr. Chiara Catalano (Wissenschaftliche Mitarbeiterin, ZHAW) und dem ArchitekturbĂŒro Vbau, fĂŒr die wir an einem Einfamilienhaus in Gattikon das Konzept der GebĂ€udehĂŒlle erstellten.
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Zwei Projektbeispiele haben unsere Arbeit dabei besonders geprĂ€gt: das SchulgebĂ€ude von Chartier Dalix in Boulogne-Billancourt und das Konzept Animal-Aided Design (kurz AAD) von der UniversitĂ€t Freisingen und Kassel.2 Beim AAD werden ausgewĂ€hlte Arten selbst zu Stakeholdern, indem die BedĂŒrfnisse der Zieltierarten in jeder Lebensphase in ein Projekt eingebaut werden. DafĂŒr ist jedoch viel Wissen ĂŒber die einzelne Art nötig, das nicht immer vorhanden ist. Das ArchitekturbĂŒro Chartier Dalix hat diesen Nachteil erkannt und versucht stattdessen ganze LebensrĂ€ume an der GebĂ€udehĂŒlle zu imitieren.3 Dieser Ansatz sorgt fĂŒr ein breiteres Spektrum an geförderten Arten, doch wird hier weniger auf einzelne ArtenbedĂŒrfnisse eingegangen. Nach langer Diskussion, welcher der beiden AnsĂ€tze sinnvoller fĂŒr unser Projekt ist, entschlossen wir uns beide AnsĂ€tze in einer eigenen Methode zu vereinen, um deren Vorteile zu kombinieren.
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Doch welche der 45'000 bekannten Arten sollten wir innerhalb unseres Projektes nun fördern? 4 Um das herauszufinden, analysierten wir die Tierbeobachtungen der letzten 20 Jahren im Umkreis des GebĂ€udes und deren ZugĂ€nge dahin. Die Tierarten wurden u.a. nach den folgenden Kriterien ausgewĂ€hlt: Förderungsbedarf, MenschenvertrĂ€glichkeit und Umsetzbarkeit innerhalb des Projektes. Schlussendlich definierten wir den EuropĂ€ischen Igel, die Mehlschwalbe, den Gartenrotschwanz, das grosse Mausohr, die Maskenbiene und die Zauneidechse als Zieltierarten fĂŒr das Projekt. Parallel dazu verlief der Auswahlprozess der LebensrĂ€ume, wobei darauf geachtet wurden, dass die LebensrĂ€ume mit den ausgewĂ€hlten Arten vereinbar sind. Wir erstellten dafĂŒr ein 3D-Modell des Hauses und simulierten die tĂ€gliche Beschattung jeder Fassadenseite. Anhand einer Nutzwertanalyse wurden damit fĂŒr die sonnige SĂŒdseite den Lebensraum «Trockenwarme Mauerflur», fĂŒr die schattige Nordseite den Lebensraum «Waldmeister-Buchenwald» und fĂŒr die Ost- und Westseite ein Mix aus den LebensrĂ€umen «Waldmeister-Buchenwald» und «Mesophiler Krautsaum» imitiert.
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Im letzten Schritt erstellten wir ein Konzept fĂŒr das Design der GebĂ€udehĂŒlle. Unser Ausgangspunkt dabei war das Material. Es soll einerseits einen tiefen Fussabdruck aufweisen, und andererseits dem ArchitekturbĂŒro hohe Gestaltungsfreiheit lassen. Am geeignetsten hat sich der Ziegelstein erwiesen, da er modular ist und unterschiedlich grosse HohlrĂ€ume enthĂ€lt, die als Platzhalter fĂŒr die Substrate dienen. Daraus entwickelten wir die sogenannten «Elemente», die entweder verschiedene Substrattiefen fĂŒr Pflanzen besitzen und so den Lebensraum nachbilden oder die BedĂŒrfnisse der einzelnen Zieltierarten z.B. durch Versteckmöglichkeiten abdecken. FĂŒr jede Fassadenseite wurde so eine Empfehlung abgegeben und eine Visualisierung mithilfe des 3D-Modelles erstellt.
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Die Thematik der BiodiversitĂ€tsförderung an GebĂ€uden hat hohes Potenzial und wird noch zu wenig thematisiert. In unserem Projekt gibt es ebenfalls noch viele offene Fragen. Beispielsweise wĂŒrde uns interessieren, wie stark die begrĂŒnte Fassade gepflegt werden muss. Dieser und weiteren Fragen werden wir gerne innerhalb einer Master- oder Forschungsarbeit weiter beleuchten.
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Quellen: