Â
von Kathrin Ott, Leiterin FHGR Alumni
Â
Es treffen traditionelle Werte auf modernere Werte. Meinem Cousin und mir ist das Geschäft sehr wichtig. Wir arbeiten viel, oft sogar an Wochenenden. Und doch ist uns die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sehr wichtig. Wo unsere Väter das klassische Modell mit Vollzeit-Anstellung bevorzugen, sind wir offen gegenüber Teilzeit. Häufig fungieren wir als Brückenbauer zwischen den Mitarbeitenden und ihnen. Auch das Thema Viertagewoche sprechen wir immer wieder an. Doch das findet (noch) keinen Anklang.
Wir trennen Müll, Stahl kann man recyclen. Wir heizen mit Pellets statt mit Öl. Also machen wir etwas für die Nachhaltigkeit. So die bisherige Meinung im Unternehmen. Ich möchte Nachhaltigkeit konsequenter umsetzen. Für grosse Investitionen haben wir aber nie Rückstellungen gemacht. Denn bei einer Kollektivgesellschaft gehen Investitionen immer vom Lohn der Inhaber weg. Aus diesem Grund sind Investitionen gerade im Bereich Nachhaltigkeit teilweise schwierig und es braucht Überzeugungsarbeit.
Ich habe beispielsweise das Thema «Energie» eingebracht. Wir haben eine Photovoltaik-Anlage durchgerechnet. Da in der Vergangenheit aber nicht viel investiert wurde, ist unsere Infrastruktur veraltet. Das heisst: Für eine PV-Anlage braucht es ein neues Dach und ebenso eine neue Fassade. Ein weiteres Thema ist Papier. Baupläne und die gesamte Buchhaltung drucken wir noch aus und archivieren alles physisch. Wir führen zwei Archive mit Ordnern aus den letzten 60 Jahren. Um Papier zu reduzieren, stellen wir aktuell unsere IT um. Das reduziert nicht nur die Papiermenge, wir können in Zukunft von zuhause arbeiten. Das war tatsächlich noch nicht möglich.
Ich habe jemanden in der Familie, der ein gemeinnütziges Projekt umgesetzt hat. Als Kind war ich von seinen Geschichten fasziniert. Zudem hat mein früherer Lebenspartner Familie in Kenia und so durfte ich ein Kenia fern jeglicher Touristen kennenlernen. Seit dieser Reise geht mir ein Bild nicht mehr aus dem Kopf: Herumliegender Plastik, der verbrennt wird und daneben spielen Kinder und es grasen Kühe. Das hat mich angespornt. Deshalb habe ich im Rahmen meines Bachelorstudiums in Betriebsökonomie einen Social Businessplan erstellt.
Â
Im Hinterkopf war der Gedanke, dass man aus dem Plastik etwas herstellen müsste, das einfach und bezahlbar ist und im grossen Stil hergestellt werden kann. Und dann entstand die Idee: Häuser aus Plastik bauen. Bei der Gründung gab es bereits einzelne Projekte, die ähnliche Ideen hatten. Bei diesen Häusern wird aber zusätzlich zum bestehenden Plastik auch organisches Material, wie Maisblätter, verwendet. Mein Partner und ich wünschen uns ein Material herzustellen, das sich nicht wie Plastik anfühlt, sondern holzähnlich ist. Und unseren Prototyp kann man einfach auf- und wieder abbauen. Das ist in Kenia wichtig, da den Bewohnerinnen und Bewohnern das Land häufig nicht gehört.
Ich habe einen betriebswirtschaftlichen Hintergrund und konnte kein neues Material entwickeln, geschweige denn Häuser bauen. Mein Partner und ich haben einen Deutschen kennengelernt, der für uns das neue Material entwickelt hat. Nur leider ist er letztes Jahr von einem Tag auf den anderen ausgefallen. Wir hatten einen Prototyp und hätten eigentlich in Produktion gehen müssen. Doch wir mussten wieder bei Null anfangen. Glücklicherweise haben wir eine Firma in der Nähe von Olten gefunden, die für uns nun ein passendes Material entwickelt hat. Sie verwerten 70-80% aller Plastikarten.
Wir sind auf der Suche nach einem Produzenten vor Ort. Doch die Korruption ist eine grosse Herausforderung. Sogar wenn man Personen gut kennt, wird man oft von diesen ĂĽber den Tisch gezogen, sobald das grosse Geld lockt.
Der Plastik liegt zwar herum, verursacht ihnen aber keine Schwierigkeiten. Sie wissen nicht, dass ein Verbrennen des Plastiks später zum Problem werden kann. Auch hier mussten wir bei Null anfangen, bei der Aufklärung. Wir gehen beispielsweise in Schulen und klären über das Material Plastik auf. Wir vermitteln ihnen, dass Plastik ein wertvoller Rohstoff sein kann, aus dem man ein Haus bauen kann. Mit einem Anreizsystem möchten wir die Bevölkerung nun dazu bewegen, Plastik zu sammeln und uns zu übergeben. Als Gegenleistung erhalten sie z.B. Reis.
Im Studium Sustainable Business Development haben wir uns – wie der Name schon sagt – intensiv mit Nachhaltigkeitsfragen befasst, was mir für mein Projekt und meine Arbeit neue Inputs gab. Und jedes Mal, wenn ich meine Arbeit oder mein Projekt vorstellen konnte, kamen wieder neue Ideen und Fragen auf. Ebenfalls wichtig war auch das Thema «Wandel», das wir im Studium besprochen haben. Bei meinem Projekt wie auch im Unternehmen möchte ich etwas verändern, was sich teilweise als schwierig erweist. Hier unterstützt mich das Gelernte.
Laura Schmied hat einen Bachelor in Betriebsökonomie der FH Nordwestschweiz und einen Master in Sustainable Business Development der FH Graubünden. Zusammen mit ihrem Cousin, ihrem Vater und Onkel führt sie den Stahlbaubetrieb KKStahl. Sie ist zudem Gründerin von Shelterplast, das Häuser aus Plastik baut.
Mehr zu Laura Schmied auf LinkedIn
Hier kannst du Shelterplast unterstützen.