Schweizer Anlegende greifen vermehrt zu ETFs

Der Markt für börsengehandelte Fonds (Exchange Traded Funds, kurz ETFs) wächst überdurchschnittlich und prägt zunehmend die Schweizer Fondslandschaft. Seit 2021 fliessen Neugelder bevorzugt in ETFs statt in klassische Anlagefonds. Gleichzeitig ist das Wissen zu ETFs bei Schweizer Anlegenden sehr unterschiedlich gross, insbesondere in Bezug auf Gebühren. Die neue ETF-Anlegerstudie der Hochschule Luzern untersucht erstmals umfassend das Anlageverhalten und den Wissensstand Schweizer Anlegerinnen und Anleger in Bezug auf dieses wachsende Marktsegment.


ETFs gewinnen im Schweizer Fondsmarkt an Bedeutung. Sie machen mit rund 1'500 Produkten zwar erst 16 Prozent aller Anlagefonds aus, doch seit 2021 fliesst der Grossteil der Neugelder in ETFs (Abbildung 1). Dieser Trend dürfte anhalten: 87 Prozent der heutigen ETF-Anlegenden wollen ihr Engagement in den nächsten zwei Jahren ausbauen, und gleichzeitig plant ein Drittel der bisherigen Nicht-ETF-Nutzenden erstmalig in ETFs zu investieren.

Paradigmenwechsel von klassischen Anlagefonds hin zu ETFs

«ETFs entwickeln sich zu einem wichtigen Baustein in der Vermögensanlage von Schweizer Anlegenden. Die klare Neigung, Neugelder in ETFs zu investieren, weist auf einen fortschreitenden Paradigmenwechsel im Anlageverhalten hin», sagt Studienleiter Brian Mattmann von der Hochschule Luzern. Der Paradigmenwechsel zeigt sich darin, dass Anleger und Anlegerinnen zunehmend kostengünstige, transparente und passiv verwaltete ETFs vor klassischen, aktiv gemanagten Anlagefonds bevorzugen. «Statt auf die Auswahl einzelner Titel durch Fondsmanager zu setzen, ermöglichen ETFs eine breite, indexbasierte Diversifikation und einen einfachen Zugang zu Anlagemärkten», erklärt Timo Böhninger von Finanzen.ch, der Auftraggeberin der Studie.

Abbildung 1: Neugeldallokation in Schweizer Publikumsfonds (jeweils Mitte-Mitte Jahr)
ETFs dominieren die Neugeldzuflüsse deutlich (zum Vergrössern klicken)


Schweizer ETF-Anlegerschaft ist jung, männlich und verfügt über hohes ETF-Wissen

Ein Drittel der Schweizer Investoren legt ihr Vermögen derzeit in ETFs an. Diese Gruppe unterscheidet sich deutlich von den übrigen Anlegenden: ETF-Anlegende sind mehrheitlich jünger als 45 Jahre, vorwiegend männlich und verfügen über einen höheren Bildungsstand. Im Vertrieb der ETFs spielen für die jüngeren Investoren digitale Kanäle wie Finanzportale und -Blogs eine zentrale Rolle. Ältere Anlegende orientieren sich stärker an den Empfehlungen ihrer Bankberaterinnen und Bankberater. Auffällig ist das ausgeprägte Fachwissen: 71 Prozent der ETF-Nutzenden verfügen über Fach- oder Expertenkenntnisse zu ETFs, während 63 Prozent der Nicht-ETF-Nutzenden grundlegendes ETF-Wissen fehlt (Abbildung 2). «Für den ETF-Vertrieb sind Wissensvermittlung sowie eine verständliche Produktkommunikation entscheidend, um Vertrauen und Kaufbereitschaft zu erhöhen», ordnet Studienleiter Mattmann ein.

Abbildung 2: ETF-Wissen im Vergleich 
Hohe Kenntnisse bei Schweizer ETF-Anlegenden – deutliche Wissenslücken bei Nicht-ETF-Nutzenden 
(zum Vergrössern klicken)


Anlegende unterschätzen Preisvorteil von ETFs

ETF-Anlegende schätzen an ETFs vor allem die Diversifikation und die tiefen Kosten. Ihre Investitionsbereitschaft hängt stark von der Gebührenhöhe ab. Nicht-ETF-Anlegende lassen sich hingegen durch tiefere Produktgebühren kaum in ihrer Anlagebereitschaft beeinflussen, obwohl auch sie Produktgebühren als sehr wichtig angeben. Das Kostenbewusstsein von Schweizer Anlegenden bei Finanzanlagen ist zwar generell sehr hoch, die Einschätzung der tatsächlichen Gebühren fällt aber meist schwer.

Der Preisvorteil von ETFs wird dagegen von allen Anlegergruppen unterschätzt: 58 Prozent der Nicht-ETF-Nutzer schätzen die Gebühren von ETFs auf über ein Prozent. Sogar viele ETF-Anlegende überschätzen die tatsächlichen Kosten, die bei Schweizer ETFs durchschnittlich rund 0.30 Prozent betragen (Abbildung 3). «Die Ergebnisse zeigen, dass ETF-Anbieter das ausgeprägte Kostenbewusstsein der Anlegenden nutzen können, um ETFs als besonders kosteneffiziente Anlageform zu positionieren», erklärt Co-Studienautor Jürg Fausch. «Jedoch müssen die Anbieter den Kostenvorteil verständlich darlegen können», so Fausch weiter.

Abbildung 3: Einschätzung von ETF-Gebühren durch Schweizer Anlegende
Nicht-ETF-Anleger überschätzen die Kosten von ETFs deutlich. Selbst ETF-Anlegende erkennen den Kostenvorteil nicht vollständig (zum Vergrössern klicken)


ETF-Fondssparpläne bieten Wachstumschancen

44 Prozent der Schweizer Anlegenden nutzen Fondssparpläne. Jedoch greift die deutliche Mehrheit dieser Investoren auf klassische Anlagefonds zurück, ETF-Fondssparpläne spielen bislang nur eine untergeordnete Rolle (Abbildung 4). «In der Schweiz sind ETF-Fondssparpläne erst ein junges Anlageinstrument und weisen daher noch eine vergleichsweise geringe Verbreitung auf», so Co-Studienautor Karsten Döhnert. Das Marktpotenzial von ETF-Fondssparplänen ist jedoch hoch: So ist fast die Hälfte der ETF-Anlegenden am Kauf eines ETF-Fondssparplans interessiert. Betrachtet man den Zweck von Fondssparplänen, zeigt sich, dass diese von rund drei Vierteln der Fondssparplaninvestoren für den Vermögensaufbau in der privaten Altersvorsorge (Säule 3a) genutzt werden.

Abbildung 4: Nutzung von Fondssparplänen unter Schweizer Anlegenden
Fondssparpläne sind grundsätzlich verbreitet, werden jedoch noch selten mit ETFs umgesetzt (zum Vergrössern klicken)

ETF-Anlegerstudie Schweiz 2025

Die ETF-Anlegerstudie Schweiz 2025 der Hochschule Luzern (HSLU) präsentiert die erste umfassende Analyse zum Anlageverhalten und Wissensstand von Schweizer Anlegerinnen und Anlegern in Bezug auf ETFs. Sie liefert einen fundierten Überblick über dieses dynamisch wachsende Anlagesegment.

Finanzen.ch hat die Studie bei der HSLU beauftragt. Dazu wurde vom 29. April bis 8. Mai 2025 mit dem Schweizer Marktforschungsinstitut intervista eine repräsentative Umfrage unter 3’460 Personen im Alter von 18 bis 75 Jahren in der Deutsch- und Westschweiz durchgeführt. Die Repräsentativität bezieht sich auf Alter, Geschlecht und Sprachregion.

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