KI-Philosophie-Serie: Pflegeroboter dienen gut, doch ohne Herz

Nadja Kaufmann
Studentin Artificial Intelligence & Machine Learning
  • 23.09.2022
  • 5 min
KI, Kunst und Kritik: Studierende schreiben Essays über philosophisch-ethische Fragen rund um die Künstliche Intelligenz (KI). Lesen Sie hier, was es bedeutet, wenn Pflegeroboter Einzug halten. Das ist die zweite Folge der 8-teiligen KI-Philosophie-Serie. Bleiben Sie dran!

Es klingt nach Science-Fiction, ist jedoch in gewissen Regionen der Welt bereits Realität: Roboter gehen in Pflege- und Altersheimen den Pflegefachpersonen zur Hand. Künftig sollen sie gewisse Aufgaben komplett übernehmen. Doch ist unsere ältere Generation bereit für diesen Schritt? Ist es nötig, Roboter in der Pflege alter Menschen einzusetzen?

Nicht nur in der Schweiz, sondern weltweit steht die Pflegebranche vor grossen Herausforderungen. Die Corona-Pandemie hat uns den Fachkräftemangel noch deutlicher vor Augen geführt. Die Menschen werden immer älter. Dadurch steigt ihr Bedürfnis nach längerer und intensiverer Pflege. Heime und Spitex-Mitarbeitende geraten an ihre Grenzen.

Japan setzt in der Pflege bereits auf Roboter und KI

In Japan werden gemäss Schätzungen bis zum Jahr 2025 rund 370’000 Pflegefachpersonen fehlen. Es reicht nicht, dass die japanische Regierung den Pflegeberuf fördert. Sie muss weitreichendere Lösungen finden. So werden in gewissen Pflegheimen in Tokio bereits Pflegeroboter eingesetzt. Diese heben Patientinnen und Patienten hoch, führen medizinische Untersuchungen durch und führen Gespräche mit den Heimbewohnenden.

Gemäss Studien können auch Haustierroboter gute Dienste leisten. Sie helfen älteren Menschen, die an Depressionen, Einsamkeit, Stress und Angstzuständen leiden oder an Demenz erkrankt sind.

Wenn nur Roboter am Werk sind, so fehlen Menschlichkeit und Wärme.

Diese Beispiele und Studien zeigen, dass Roboter mit künstlichen Intelligenzen Pflegefachkräfte tatsächlich unterstützen können. Sie sprechen für einen Einsatz von Pflegerobotern. Es gibt hingegen auch kritische Aspekte: Wenn nur Roboter am Werk sind, so fehlen Menschlichkeit und Wärme. Es mangelt an der zwischenmenschlichen Beziehung. Diese aber fördert bekanntlich das Wohlbefinden und die Heilung.  

Lieber sterben, als sich von einem Roboter pflegen zu lassen

Meine beiden Grossmütter sind geteilter Meinung, was Pflegeroboter angeht: Die eine würde sich gerne auf so ein «Abenteuer» einlassen. Sie fände es spannend, zu sehen, wie ein Pflegeroboter mit ihr umgehen würde. Die andere Grossmutter findet, dass sie dann doch lieber tot wäre, als sich von einem Roboter pflegen zu lassen.

Roboter werden Fachpersonen von schweren körperlichen Betätigungen entlasten.

Die Ansichten der beiden Damen gehen also weit auseinander. Sie lassen vermutlich auch auf die Stimmung in der breiten Bevölkerung schliessen. In dieser Frage werden nie alle Pflegebedürftigen gleicher Meinung sein. Daher werden Pflegeroboter möglicherweise noch länger einen schweren Stand haben.

Kein Roboter ersetzt einen liebenden Blick

Sie werden aber sicherlich Fachpersonen unterstützen und sie von schweren körperlichen Betätigungen entlasten können. So werden sie etwa bei der Mobilisation in der Pflege gute Dienste leisten und viele weitere Einsatzmöglichkeiten finden.

Nur sollen sie meiner Meinung nach die zwischenmenschlichen Interaktionen nicht verdrängen dürfen. Eine warme Hand, die Bedürftige halten und spüren dürfen: Das darf niemals verloren gehen – schon gar nicht im letzten Abschnitt des Lebens.

Wünscht Hilfsbedürftigen mehr als nur einen Pflegeroboter: Nadja Kaufmann ist Studentin des Studiengangs Artificial Intelligence & Machine Learning. Die ethischen Fragestellungen im Zusammenhang mit KI sind ihr sehr wichtig – besonders in Verbindung mit dem Gesundheitswesen. Sie freute sich schon zu Beginn des Studiums auf das interdisziplinäre Philosophie-Modul und fand es «sehr spannend». Nadja Kaufmann absolviert ihr Studium neben einer beruflichen Tätigkeit im Teilzeit-Modell. Ab kommendem Semester studiert sie ausserdem im Nebenfach Medtech & Healthcare.

KI-Philosophie-Serie: Der obenstehende Beitrag wurde ihm Rahmen des Bachelor-Studiengangs Artificial Intelligence & Machine Learning geschrieben. Er ist Teil einer 8-teiligen Blog-Serie mit bestbenoteten Essays von Studierenden.

Der betreffende Studiengang nimmt die Implikation der Technik ernst. Daher lernen die Studierenden nicht nur, KI einzusetzen, sondern diese auch nachhaltig, sicher und ethisch verantwortbar umzusetzen. Als Basis dafür dient unter anderem ein Philosophie-Modul unter der Leitung von Peter A. Schmid und Orlando Budelacci. Die Hochschule Luzern setzt dabei auf Interdisziplinarität: Dieses Modul zeigt beispielhaft, wie sich drei Departemente – Informatik, Soziale Arbeit und Design & Kunst – fachübergreifend einem Zukunftsthema zuwenden.

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