Instagram-Serie «Vergiss.mich.nie»

Elena Clavadetscher & Yvonne Haberstroh
FH-Studentinnen
  • 16.06.2021
  • 4 min
Für unsere Bachelorarbeit in der Studienrichtung Cast/Audiovisual Media an der ZHdK haben wir, Elena Clavadetscher und Yvonne Haberstroh, die Instagram-Serie «Vergiss.mich.nie» produziert. Wir beleuchten damit ein dunkles Kapitel der Schweizer Geschichte; das Verdingwesen. In den Instagram-Stories begleitet man das 14-jährige Verdingmädchen «Anna» über den Zeitraum von einem Monat, wie sie von zuhause abgeholt und auf einen Hof verdingt wird.

Bis 1978 war es in der Schweiz legal, Kinder aus ihren Familien zu reissen und sie zu verdingen, dies häufig auf Bauernhöfen. Dort mussten sie für Kost und Logis arbeiten. Verdingt wurden vor allem Waisen- oder Scheidungskinder, uneheliche, verarmte oder sogenannte «milieugeschädigte Kinder». Durch fehlende oder mangelhafte Kontrolle seitens der Behörde waren sie vielfach Ausbeutung und Missbrauch ausgesetzt.

 

Vom Geschichtsunterricht zur Bachelorarbeit

Nach wie vor ist das Verdingwesen ein Thema, über das lieber geschwiegen als gesprochen wird. So wurde es auch bei uns im Schulunterricht nicht behandelt. Doch vor allem bei der jungen Generation, die davon nur noch indirekt betroffen ist, droht das Thema in Vergessenheit zu geraten. Dieser Umstand hat uns dazu motiviert, die Schicksale von Verdingkindern dorthin zu bringen, wo die junge Generation zuhause ist: auf Instagram.


Mit dieser Idee zu @vergiss.mich.nie sind wir in die Bachelorarbeit gestartet. Doch bis zur Umsetzung galt es noch einige Hürden zu überwinden.

 

Erste Schritte

Annas Geschichte setzt sich aus unzähligen recherchierten Einzelschicksalen zusammen. Bei der Entwicklung des Drehbuches haben wir versucht, Ereignisse zu integrieren, die in vielen Biografien von Verdingkindern zu finden sind. Dies, um möglichst authentisch zu bleiben.

 

Trotz allem ist Annas Schicksal nur eines von Tausenden und bietet nur einen kleinen Einblick in das Leben eines Verdingkindes.

 

Aus diesem Grund haben wir beschlossen den Feed zu nutzen, um Interessierten mehr Wissen vermitteln zu können. Auf über 180 Posts findet man nun Hintergrundwissen zum Verdingwesen aber auch zur damaligen Lebenswelt und Zeit.

 

Und dann ging’s richtig los.

Zur Umsetzung gehörte neben dem Schreiben des Drehbuches auch das Casting der Schauspieler und die Suche nach passenden Drehorten, Kostümen und Requisiten. Trotz Corona konnten wir an vier Wochenenden im März/Anfang April an zwei Drehorten zu filmen. Aussergewöhnlich war dabei unsere Protagonistin Anna, gespielt von Sarah Baumgartner, häufig die Kamera unter unserer Anweisung selbst führen musste. Unser Format verlangte ausserdem, dass die meisten der Szenen am Stück, in sogenannten Plansequenzen gedreht wurden. Das hiess für unsere Schauspieler, dass sie mehrere Minuten ohne Schnitt durchspielen mussten.

 

Nach dieser intensiven, aber lehrreichen Zeit am Set ging es darum, die Serie in der Postproduktion zusammenzufügen und vom 4. Mai bis zum 24. Mai in Echtzeit in den Stories auszuspielen. Das hiess, wenn Anna morgens um 4.30 Uhr gepostet hat, war es an uns, die Story dann hochzuladen.

 

Kann man den Verdingkindern mit einer Instagram-Serie gerecht werden?

Während des ganzen Prozesses hat uns diese Frage mitunter am meisten umgetrieben. Denn trotz unserer Bemühungen um eine authentische Geschichte, konnten wir nicht die ganze Komplexität und Tragik des Verdingwesens abbilden. Doch die unzähligen Reaktionen von Zuschauer:innen und Follower:innen haben uns darin bestärkt, den Weg weiter zu gehen.

 

Denn jeder weitere Beitrag, jede Geschichtsstunde und jedes weitere Video hilft, dass das Schicksal der Verdingkinder nicht vergessen wird.

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