«Es ist schwierig, den künftigen Bedarf zu antizipieren»

Eine neue Studie zeigt: HR-Abteilungen haben grosse Mühe, den Bedarf nach künftigen Kompetenzen einzuschätzen. Auch in allgemeinen Fragen zu Governance und Ethik seien Unternehmen und insbesondere die HR-Abteilungen heute gefordert, wie die Präsidentin von HR Swiss sagt. Ein anderes Thema hingegen sei inzwischen in den Unternehmen angekommen.

Im Frühjahr 2025 wurde die Umfrage HR Swiss Benchmark durchgeführt. Die Ziele der Umfrage sind es, die aktuellen HR-Praktiken in der Schweiz zu beleuchten, die Ergebnisse mit der Umfrage von 2022 zu vergleichen und Empfehlungen für den Berufsstand zu formulieren. Durchgeführt wurde die Umfrage vom mit FH SCHWEIZ assoziierten Dachverband HR Swiss.


Die Personalfachleute aus dem öffentlichen und privaten Sektor aller Grössenordnungen, die an der Studie teilgenommen haben, äusserten sich zu Themen wie Personalstrategie, Antizipation des künftigen Personal- und Kompetenzbedarfs, Rekrutierungspraktiken, Leistungsmanagement oder generationsübergreifendes Management. Mit 409 Antworten ist die Beteiligung gegenüber 2022 um 20% gestiegen, wie HR Swiss mitteilt.


Wie aus dem im November veröffentlichten Bericht zu den Studienresultaten hervorgeht, sind Fragen rund um Kompetenzen von Mitarbeitenden jene, die HR-Abteilungen am meisten beschäftigen.


Einerseits wird beim Kompetenzmanagement Handlungsbedarf geortet. Besonders treibt aber die Zukunftsfrage HR-Abteilungen um, also jene nach der Beschäftigungs- und Kompetenzplanung. Im Bericht steht dazu: «Die Beschäftigungs- und Kompetenzplanung ist heute eine grosse Herausforderung, zumal es angesichts der raschen gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen, mit denen wir konfrontiert sind, schwierig ist, den künftigen Bedarf zu antizipieren.» Gemäss Studie «Future of job report» 2025 des WEF, werden bis zum Jahr 2030 39% der Kompetenzen umgewandelt oder überflüssig werden.


«Die Frage ist nicht nur, welche Kompetenzen genau gefragt sein, sondern auch, wie viel wir davon benötigen werden», sagt Jessica Silberman Dunant, Präsidentin von HR Swiss. Diese Fragen müssen von den Linienverantwortlichen mit Unterstützung vom HR erörtert werden, das sei eine schwierige Aufgabe. «Was aber nicht heisst, dass die Verantwortlichen nicht daran arbeiten.»


Als Beispiel für einen Bereich, der besonders stark von den raschen Veränderungen bei den gefragten Kompetenzen betroffen ist, nennt Silberman Dunant die IT. «Vor ein paar Jahren konnte es nicht genug Softwareentwickler geben, was sich bereits wieder relativiert hat.» Die Botschaft für FH-Absolventen lautet dennoch: IT-Grundkompetenzen werden weiterhin gefragt sein. Bei der Spezialisierung aber ist die Entwicklung dynamisch. Auf der anderen Seite dürfte die Bedeutung handwerklicher Berufe und Kompetenzen ebenfalls weiter zunehmen.

 

Auch das HR selbst wird bekanntlich stark von KI verändert. Böse Stimmen sagen sogar, es werde bald nicht mehr benötigt. «Was in fast jeder nicht-handwerklichen Branche gilt, trifft natürlich auch für das HR zu: Viele repetitiven Aufgaben können von einer KI übernommen werden», sagt Silberman Dunant dazu, «dahinter braucht es aber Menschen». Die erste Selektion von Bewerbungen übernehme heute oft schon die Maschine. «Wenn es aber um individualisierte Bewerbungsgespräche sowie eine gute Mitarbeitererfahrung (Employee Experience) geht, kann man den Menschen nicht ersetzen.»


Die Herausforderung aber sei festzulegen, inwiefern und wie weit Aufgaben an eine KI delegiert würden. «Welche Risiken ist man bereit einzugehen? Wo zieht man die Grenzen? Wie setzt man Regeln fest? Wo sind wir sicher, wo nicht? Worauf darf man zugreifen? Hier gibt es viel Unsicherheit», sagt Silberman Dunant. «Diese Herausforderungen gilt es derzeit zu klären und Rahmenbedingungen zu schaffen.»


Dies treffe aber auch ganz allgemein für Unternehmen. «Es geht um Governance und Ethik-Regeln, auch innerhalb der Abteilungen, wo sich die Frage stellt, welche Daten man in welche Systeme eingeben darf.» Grundsätzlich sei das HR in  diese Prozesse involviert und sollte beratende Kompetenzen einbringen können.


Nur 39% der Unternehmen gaben in der Studie an, über einen Weiterbildungsplan für Mitarbeitende zu verfügen. 77% aber gaben an, Weiterbildung, intern oder extern, zu ermöglichen. Silberman Dunant ordnet die Zahlen ein: «Die tiefe Zahl von 39 Prozent schockiert mich nicht.» Wichtig sei, Weiterbildung zu ermöglichen. Einen Plan für jede Mitarbeitende oder Berufsgattung im Unternehmen sei nur bei grossen Unternehmen realistisch. «Es wird zudem auch immer schwieriger, einen Karriereweg zu planen.» Gegenüber 2022 sei die Zahl der Ausbildungstage pro Mitarbeitende Person von zwei auf drei Tagen angestiegen, was eine erfreuliche Entwicklung sei. «Das Thema Life Long Learning ist in den Unternehmen überall angekommen», stellt Silberman Dunant abschliessend fest.

Der Bericht mit den Resultaten zur HR Swiss Benchmark 2025 wurde den Regionalverbänden von HR Swiss vorgestellt. Nicht-Mitglieder können den Bericht kaufen.

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