Die Tour d’Amuse-Bouche chez ZHAW

Vanessa Hann
Studentin ZHAW
  • 10.12.2019
  • 7 min
Die beiden Brainstorm-Autoren Silvan Baumann und Vanessa Hann haben Kopf, Kragen und Gaumen für euch geopfert. Nun ist er endlich ausgewertet: Der ultimative Mensatest.

Gläserklirren, Stimmenwirrwarr, der Geruch von Tomatensauce, Käse und abgestandenem Fett. Die Mensa ist wohl der meistbesuchte Ort einer Hochschule – neben Vorlesungssälen und Toiletten versteht sich. Wenn letzteres aber gleich im Nachgang zur Mensa besucht werden muss, läuft etwas falsch. Um herauszufinden, ob das an der ZHAW der Fall ist, haben wir uns auf eine Tour quer durch die kulinarische Landschaft unserer Hochschule gemacht. Vier Mensen, drei Städte und die Augen zweier höchst professioneller Gourmets. 

Die Test-Route beginnt in Wädenswil. Hat man den Campus der  UmweltwissenschaftlerInnen (Uwis) erreicht, wird man in die Primarschulzeit zurückkatapultiert. Der Campus liegt eingebettet in sattgrünen Wiesen, wo Frühlingsblumen, Bäume und Sträucher wachsen. Aber besonders das Innere vom Gebäudekomplex erinnert an frühere Schuljahre: Enge Gänge, beigefarbenen Plättchen und weinrote Geländer. Die Mensa Grüental selbst wirkt irgendwie klein aber trotzdem gross genug, um vier Klassen à 25 Köpfe zu fassen. Ansonsten keine Besonderheiten: zweckmässig und schmucklos. Dreht man sich allerdings dem Fenster zu, senkt sich der Puls, der Stress verfliegt. Die weite Aussicht über den Zürichsee nimmt Seele und Geist in Beschlag. Die Sonne scheint auf die Terrasse und man sieht eine Schar gut gelaunter Studierende, die das Wetter und ihre Mittagspause geniessen.  

Sonnenstrahlen überall 

An der Fassstrasse wird man von einem freundlich strahlenden Personal begrüsst. Das kann nicht schlecht schmecken. Die Menüs sind dieselben, wie überall, wo die SV Schweiz AG auftischt. Die SV Schweiz betreibt die Mensen und Cafeterien der ZHAW-Standorte in Winterthur und Wädenswil. Das heutige Tagesmenü: Braten mit Kartoffelstock und Karotten und für VegetarierInnen rotes Thai-Curry mit Tofu. Geniessbar, nahrhaft und wider Erwartens ist der Braten nicht zäh. 

Alles in allem war ein Mittagessen noch nie so entspannt wie in der Mensa Grüental. Wer genug hat vom Stadt-Stress, soll sich in den Zug setzen und den KomilitonInnen in Wädenswil einen Besuch abstatten – bereits die Zugfahrt ins Grüne ist eine Art Beruhigungstherapie. 

Zu Besuch bei den Uwis hat uns der Nachhaltigkeitsaspekt der SV Schweiz AG interessiert, weshalb wir einmal nachgefragt haben. Auf das Thema werde besonders viel wert gelegt, sagt Manuela Stockmeyer, Kommunikationsverantwortliche von SV Schweiz. Und das nicht nur bei der Zubereitung der Menüs: „Retournierte Essensreste werden vom Personal getrennt und recycelt. Dieser Bioabfall wird einmal wöchentlich abgeholt und zu Biogas verarbeitet“, so Stockmeyer. Leider erhält man in den Cafeterien für mitgebrachtes Essen immer noch Plastikgabeln. Das Problem hierbei sei, dass richtiges Besteck oft verschwinde, sagt Stockmeyer. Und den Preis von 20 Rappen auf 2 Franken und damit zugleich die Klau-Schmerzgrenze erhöhen? „Das würden die Gäste nicht goutieren“, sagt Stockmeyer. Sie meint: „Wir arbeiten gegenwärtig daran, eine Mehrweglösung für Geschirr und Besteck anzubieten.“ 

Der zweite Gang führt uns weit weg von der ländlichen Idylle, tief hinein in die pulsierende Metropole und Universitätsstadt Zürich. Wir befinden uns im Toni-Areal, wo die zukünftigen PsychologInnen und SozialarbeiterInnen ihren Studien nachgehen.  

Auf hui folgt pfui 

Passend zur künstlerischen Umgebung der ZHdK hebt sich das „Chez Toni“ von den bisherigen Eindrücken eines ZHAW-Studis ab. Die Einrichtung ist geschmackvoll designt: holzige Bänke mit frischen Blumen und dunklen Wänden, die dem Raum dank ihren grosszügigen Fensterfronten einen mystischen Touch verleihen. Keinerlei Primarschulcharme, dafür die moderne Atmosphäre eines hippen Restaurants. Zugegeben, es handelt sich hierbei nicht um die offizielle Mensa des Areals. Studierende erhalten jedoch dieselben Vergünstigungen, wie überall sonst, wo es Futterstellen der ZHAW gibt. Und wegen eben dieser sind wir schliesslich hier.  

Déjà-vu: Anstehen, mit Chipkarte bezahlen, in der Schlange anstehen, Essen fassen, hinsetzen. Die Bedienung ist leider wie eine kalte Dusche im Vergleich zum Grüntal-Campus: eine charmante Mischung aus genervt und gleichgültig. Die Pasta mit Tomatensauce schmeckt ein bisschen wie eingeschlafene Füsse. Hat vermutlich damit zu tun, dass es bereits halb zwei nachmittags ist und die Küche ihre Töpfe bereits zu schliessen beginnt. Fazit: Ambiente hui, Essen naja, Personal pfui.  

Was jedoch genau den Erwartungen entsprach und somit das Highlight des Besuchs bildete, waren die Leute. Genauso fancy und hipp wie man dies vom Toni-Areal erwartet. Wer sich mit Mäuschen spielen auskennt, bemerkt, dass sich auch die Diskussionen mit echtem Tiefgang durch den Raum bewegen. Aber, das hat schon Mutti gesagt: lauschen tut man nicht. 

Das „Chez Toni“ wird nicht von SV Schweiz beliefert, sondern vom ZFV. Trotzdem fiel uns im Zusammenhang mit Fancyness und Stil die Praktik der Menüs in Weckgläsern ein. Die Gläsli-Menüs erhält man in den Cafeterien, weil es dort keine Küche gibt und die SV Schweiz den Gästen trotzdem warmes Essen auftischen will. Das Problem: Kohlenhydrate unten, Sauce oben. Sieht zwar hübsch aus, aber versucht man das Ganze zu mischen, läuft das Essen schneller über den Glasrand, als Dali-Uhren über die Leinwand. Schöne Bescherung. Manuela Stockmeyer meint dazu: „Guter Input, das können wir ändern“. Die SV Schweiz hat auf ihrer Website eine Plattform für Änderungen und Wünsche. „Wir freuen uns über konstruktives Feedback“, so Stockmeyer. 

Weiter geht die Reise, hinaus aus dem mondänen Zürich ins nicht ganz so mondäne Winterthur, wo mit über fünf Departementen und dem Rektorat das Pulsierende Zentrum der ZHAW zuhause ist. Und genauso vielfältig wie das Angebot an Studienrichtungen, ist auch das Angebot an Verpflegungsmöglichkeiten. Denkste! Auf den ersten Blick vielleicht schon, hat doch jedes Gebäude neben seinem eigenen Departement auch seine Eigene Futterstelle. Doch bei genauerem Hinsehen, respektive testen, sticht einem schnell die grüne Farbe des SV-Services ins Auge. Vorfreude ade. Denn auch hier gibt es denselben Kiez wie überall. 

Zeigt her eure Marken

Zentral gelegen und vom Bahnhof keine fünf Minuten entfernt, liegt die Mensa des Campus St. Georgenplatz, Hauptgebäude der School of Management and Law. Und wie schon bei den Besuchen zuvor, erkennt man die Studienrichtung an den wartenden KommilitonInnen: Nirgends sonst an der ZHAW gibt es eine solch hohe Dichte an Calvin-Klein-Pullis wie bei den Wirtschaftlern. Die School of Management and Law scheint ausserdem die geheime Hochburg der Nachtwache aus „Game of Thrones“ zu sein: Pelz, soweit das Auge reicht.  

Das interessanteste an der Fütterungszeit war denn auch die wartende Nachtwache und nicht die Lokalitäten. An sich nicht weiter schlimm, jedoch wird kaum eine Mensa dem Begriff „Zweckmässigkeit“ mehr gerecht wie diejenige am St. Georgenplatz. Warteschlange mit Fassstrasse für Tabletts, Warteschlange mit Fassstrasse für Menüs, Warteschlange mit Fassstrasse für Kaffee und eine Warteschlange mit Fassstrasse fürs Bezahlen. Die Bänke und Stühle sind für ideale und maximale Auslastung angereiht. Wer hier ein paar Mal seinen Mittag verbracht hat, der ist für die ersten Wochen Rekrutenschule perfekt gerüstet – strukturiert, übersichtlich und todlangweilig. 

Der Farbtupfer in dieser Mensa ist wohl das Personal. Sie sind ausgesprochen freundlich und freuen sich wie ein Kind über den Lolli, wenn jemand Danke sagt. Also: sagt danke! 

Natürlich muss an dieser Stelle das Preis/Leistungsverhältnis in den Mensen thematisiert werden. So viel Wirtschaftsverständnis haben wir. Bestimmt und nüchtern war die Meinung von SV-Schweiz-Sprecherin Manuela Stockmeyer: „Sieben Franken für ein frisches und vollwertiges Menu empfinden wir nicht als teuer“. Die Menüs werden von ausgebildeten Köchinnen und Köchen in der Mensaküche gekocht. Die Produkte dafür kämen aus der Region, das Gemüse aus nicht fossil beheizten Gewächshäusern und das Schweizer Fleisch aus Tierwohlhaltung, sagt Stockmeyer. „Das darf auch etwas kosten!“ 

Dieser Artikel ist als Erstpublikation im Brainstorm Online erschienen.

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