Bewerbung? Versteck dich nicht! Und beachte diese Tipps vom Experten

Remo Burkart ist Leiter der Zürcher Niederlassung des Personaldienstleisters Jörg Lienert und Experte für Executive Search. Er begleitet Unternehmen bei der Rekrutierung von Fach- und Führungskräften und weiss deshalb genau, worauf es auf beiden Seiten ankommt. Ursprünglich diplomierter Hotelier, hat er an der Hochschule Luzern einen Bachelor in Business Administration absolviert und sich verschiedentlich weitergebildet. Hier gibt er dir wertvolle Tipps für deine Bewerbung.

Remo, bitte beschreibe in drei Punkten, wie ich im Arbeitsmarkt attraktiv bleibe.

  • Lebenslanges Lernen. Das heisst Weiterbildungen in einem gesunden Mass, analog zur Stelle und deinen Fähigkeiten. Eine Weiterbildung an die andere zu Reihen macht wenig Sinn.
  • Offen denken! Über deinen Weg und deine Ziele. Wechsle in einem vernünftigen Abstand auch deinen Arbeitgeber. Das hält einen agil. Heute bleibt man nicht wie früher 20 oder 30 Jahre an einem Ort.
  • Besinne dich auf das, was du gut machst. Ich frage immer in Interviews: Was machen Sie richtig gerne bei Ihrer Arbeit. Ganz einfach: Was man gerne macht, macht man auch gut. Und was man gut macht ist erfolgsversprechend. Klingt einfach, ist aber ein ganz wichtiger Aspekt. So kann man vielleicht auf einen ganz neuen Berufsweg kommen! Leben heisst auch, Erfahrungen zu sammeln. Was kann ich, was nicht? Sich auf die eigenen Stärken zu konzentrieren ist bereichernder, als im Kampf mit den Schwächen vorankommen zu wollen.

Deine Empfehlungen für ein Bewerbungsschreiben:

  • Bitte keinen zu langen Lebenslauf: Kurz und prägnant, also maximal zwei Seiten. Es ist das erste Schaufenster um zu zeigen, was jemand aus der Praxis und Weitebildung mitbringt.
  • Der Bildungsmarkt ist meiner Meinung nach übersättigt: Man kann bald überall ein EMBA machen. Daher kommt immer mehr darauf an, wo man etwas gemacht hat. Daher haben sicher in Zukunft auch Schweizer FH und Unis hohe Relevanz. Trotz Bologna. Weiterbildungsmarkt ist zu sehr zu einem Business geworden.
  • Sich in der Bewerbung mit dem Unternehmen befassen. Ist das wirklich der richtige Arbeitgeber für mich? Im Bewerbungsschreiben auf das Unternehmen und dessen Werte eingehen. Möglichst kurz und knackig bleiben. Das Schreiben soll dein Gegenüber reizen, dich kennenlernen zu wollen und auch zum Ausdruck bringen, dass dich der Arbeitgeber reizt. Deshalb: Keine Standarttexte!

… für das Bewerbungsgespräch?

  • Arbeitnehmer und auch Arbeitgeber möchten sich oft bestmöglich verkaufen. Dabei soll es ein gegenseitiges Kennenlernen sein. Das geht nur, wenn beide Seiten ehrlich sind. Also verstell dich nicht.
  • Ganz wichtig: Auch erwähnen, was man weniger gut kann. Das zeigt deine Persönlichkeit, und du kannst beweisen, dass du reflektierst. Eine Schwäche ist kein Nachteil, sondern Bestandteil jeder Person. Die Arbeitgeberin muss abschätzen, ob sie mit dem Defizit umgehen kann oder nicht. Wenn es dann immer noch passt, passt es auch wirklich. Das ist Ziel.
  • Sich geben wie man ist, auch mit der Kleidung. Wer sonst nie Anzug und Krawatte trägt soll dies auch nicht bei einem Bewerbungsgespräch tun. Trotzdem: gepflegt auftreten.

Welche Fehltritte hast du persönlich schon erlebt?

Wenn ein:e Kandidat:in grundsätzlich ganz anders daherkommt wie im Dossier dargestellt und somit nicht stimmig ist, dann kommt der Bewerbungsprozess rasch zu einem Ende.

Hast du ein Beispiel?

In der Covid-Zeit mussten wir viele Gespräche online führen. Da hat sich eine Person am Bildschirm ganz anders verkauft, als sie in Wirklichkeit daherkam. Gerade deshalb sind persönliche Gespräche so wichtig. Behält jemand Augenkontakt, wie ist der Handschlag. Kann jemand auf sein Gegenüber eingehen? Solche Dinge sind remote schwieriger zu erfassen.

Was begeistert dich bei einer Bewerberin oder einem Bewerber?

Menschen begeistern mich als Person, aber auch beruflich. Jedes Gespräch ist für mich eine Inspiration. Wenn ich in die Tiefe gehen kann und merke, dass sich ein Mensch öffnet, ist das pure Freude und Begeisterung. Der Mensch in all seinen Facetten ist das Spannendste, was es für mich gibt.


Die wichtigsten drei Punkte in einem Bewerbungsprozess:

  • Fokussiert und zielgerichtet sein, wissen was man will, was nicht.
  • Deine Persönlichkeit muss klar und auch spürbar sein. Sei dich selber, zeig dass du weisst, was du willst, was du gut kannst und was nicht. Du weisst auch, was du nicht willst – und bist dort konsequent. Wecke das Interesse der Arbeitgeberin.
  • Gegenseitigkeit: Was will und braucht der Arbeitgeber? Was brauche ich? Gerade für eine Führungsposition reichen für das bessere Kennenlernen ein bis zwei Gespräche oft nicht. Als Anwärter:in hast du den Anspruch, auch weitere Gespräche zu initiieren. Früher war man vielleicht froh, zu einem Gespräch eingeladen worden zu sein. Das ist heute anders. Auch die Arbeitgeberin muss etwas bieten.

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Neu erscheinen im Monatsrhythmus Beiträge auf der Newsplattform watson, die aus unserer fhnews-Redaktion (betrieben von FH SCHWEIZ) stammen. Darin geht es um Trends in der praktischen Aus- und Weiterbildung, sowie Arbeit und Karriere – jeweils anhand von Persönlichkeiten mit FH-Bezug. Du findest die Beiträge im Blog «Top Job» auf watson. Ergänzend dazu gibt es hier Tipps und Wissen zu diesen Themen.

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