Ausbildung Dank Darlehen?

Jasmina Gloor
Redaktorin Bildungsmagazin by Eduwo
  • 11.06.2019
  • 6 min
Die Schweiz schreibt Chancengleichheit in der Bildung gross. Tatsächlich unterstützen der Staat sowie private Institutionen dieses Ziel mit unterschiedlichen Ausbildungsbeiträgen. Jedoch bieten sich jenen, welche keine oder nicht ausreichende Stipendien erhalten, noch mehr Möglichkeiten. Hier setzt die Stiftung EDUCA SWISS an.

Nicht jeder hat die Möglichkeit, sich seine Ausbildung oder Weiterbildung selbstĂ€ndig zu finanzieren. Obwohl oft die Eltern mithelfen, können auch diese nicht immer sĂ€mtliche Kosten tragen. Daher ist es sinnvoll, dass es in der Schweiz ein grosses Angebot an staatlicher wie auch privater Finanzierungshilfe gibt. Im letzten Monat berichtete das Bildungsmagazin bereits ĂŒber Stipendien und darĂŒber, was Interessierte dabei beachten mĂŒssen. Daneben gibt es jedoch noch eine weitere Art von Finanzierungshilfe: Darlehen.

Diese unterscheiden sich von Stipendien, da man sie samt Zinsen zurĂŒckzahlen muss. GrĂŒnde, warum man auf Darlehen zurĂŒckgreifen muss oder möchte, gibt es viele: GemĂ€ss Bundesamt fĂŒr Statistik wird nur jedes zweite Stipendiengesuch bewilligt; wer dann nicht auf die UnterstĂŒtzung von Eltern oder Arbeitgebern zurĂŒckgreifen kann, zieht ein Bildungsdarlehen in Betracht. HĂ€ufiger noch ist diese Finanzierungsform der einzige Weg, um eine Zweitausbildung oder Weiterbildung abzuschliessen. Ein Beispiel: Personen, welche eine Grundausbildung, beispielsweise eine Lehre, vorweisen, bereits ausgezogen sind und auf eigenen Beinen stehen, haben wenig Chance auf ein kantonales Stipendium. Denn sie können bereits ein Einkommen erwerben und sind somit nicht auf eine weitere Ausbildung angewiesen. Claude Siegenthaler, Mitglied des Stiftungsrats von EDUCA SWISS, erlĂ€utert dies so: „Obwohl die Anforderung des Arbeitsmarktes sich immer rascher verĂ€ndern und allseits von der Notwendigkeit des lebenslangen Lernens gesprochen wird: Das kantonal geregelte Stipendienwesen trĂ€gt diesem Umstand noch nicht angemessen Rechnung.“ Wer also den Beruf wechseln möchte, mĂŒsse hĂ€ufig allein fĂŒr die Finanzierung aufkommen. Doch welche Art Bildungsdarlehen ist die richtige?

Alternative Bildungsdarlehen

Der klassischen Bildungskredit ist bekannt: Man bezieht ihn auf der Bank, Ă€hnlich wie ein Kredit fĂŒr das Eigenheim. Dieser Bildungskredit ist in der Schweiz jedoch nicht gang und gĂ€be. Andere LĂ€nder wie die USA geben dazu auch ein eher abschreckendes Beispiel ab. In der Schweiz werden Darlehen von einigen Kantonen gewĂ€hrt oder aber von Konsumkredit-Unternehmen wie credit now angeboten. WĂ€hrend die Kantone fĂŒr Stipendien einen Nachweis der BedĂŒrftigkeit verlangen, ist ein regelmĂ€ssiges Einkommen Voraussetzung fĂŒr den Konsum- bzw. Bankkredit. Dieser ist bei Zinsen zwischen 4.9 Prozent und 9.9 Prozent ziemlich teuer. Neben den klassischen Anbietern gibt es alternative Anlaufstellen fĂŒr Dahrlehen: Crowdfunding-Plattformen wie beispielsweise splendit. Hier sind weder BedĂŒrftigkeit noch ein regelmĂ€ssiges Einkommen Bedingung; die Zinsen bewegen sich zwischen 5 Prozent und 9 Prozent plus GebĂŒhren fĂŒr den Vermittler.

Daher ist es oft sinnvoller, sich um einen Bildungskredit bei einer Stiftung zu bemĂŒhen. Spezialisiert darauf hat sich EDUCA SWISS: Sie baut auf einem seit ĂŒber zehn Jahren erfolgreichen Ansatz einer begleiteten Vermittlung von Bildungsdarlehen auf. Claude Siegenthaler erklĂ€rt: „Wir als gemeinnĂŒtzige Stiftung betreiben diese Darlehen nicht als GeschĂ€ft wie eine Bank. Unser Ziel ist es, gerade Menschen, die im bestehenden Fördersystem benachteiligt werden – weil sie keine UnterstĂŒtzung von Eltern, Staat oder Arbeitgebern erhalten – eine tragbare Finanzierung zu ermöglichen.“ Das Geld – in der Regel zwischen 5’000 und 40’000 Franken – stellen dabei bildungsengagierte Privatpersonen oder andere Stiftungen zur VerfĂŒgung. EDUCA SWISS erhebt kostendeckende GebĂŒhren, die Kandidat und Darlehensgeber bezahlen. Die Zinsen werden individuell verhandelt und bewegen sich zwischen 0 Prozent bis maximal 4 Prozent; im Durchschnitt sind es aktuell 2.7 Prozent – also ein Bruchteil der Zinsen kommerzieller Anbieter.​

Claude Siegenthaler war selbst auf UnterstĂŒtzung fĂŒr seine Ausbildung angewiesen. Seit 2014 engagiert er sich fĂŒr mehr Chancengerechtigkeit durch Bildungsfinanzierung. „Wir bringen Menschen zusammen, die an den Wert von Bildung glauben und ermöglichen so Hilfe zur Selbsthilfe.“ Bei EDUCA SWISS ist Siegenthaler als Teil des Stiftungsrates fĂŒr die GeschĂ€ftsfĂŒhrung verantwortlich. 

So funktioniert EDUCA SWISS

Bei EDUCA SWISS findet man jedoch nicht nur Darlehensgeber, sondern zusĂ€tzlich auch Coaches. Wichtig ist, dass man einen Schweizer Wohnsitz hat und einen umsetzbaren Finanzplan ausarbeitet. Dies sind die einzigen Voraussetzungen: „Wir sind wirklich fĂŒr alle da, die durch LĂŒcken des Stipendienwesens fallen“, unterstreicht Siegenthaler. Dies bedeutet, EDUCA SWISS unterstĂŒtzt alle Arten von Ausbildungen, sei es eine Lehre, eine weitere berufliche Ausbildung oder ein klassisches Studium. Das Coaching ist Voraussetzung, um ein Darlehen ĂŒber EDUCA SWISS zu erhalten. Zusammen prĂŒft man zusĂ€tzlich Einsparpotentiale und optimiert den Finanzplan so, dass der Restbedarf mit Bildungsdarlehen tragbar finanziert werden kann. Damit möchte EDUCA SWISS verhindern, dass sich Antragssteller falsche Hoffnungen machen oder ihr Finanzplan nicht aufgeht. Das Coaching steht im Verlauf des gesamten Bildungsprojekts kostenlos zur VerfĂŒgung. Treten PlanĂ€nderungen auf, sei es, weil die Ausbildung lĂ€nger dauert oder der Finanzbedarf sich Ă€ndert, stehen Coaches und Stiftung mit Rat und Tat zur Seite – bis zum erfolgreichen Abschluss und der RĂŒckzahlung.

Über 90 Prozent aller Kandidaten, die mit EDUCA SWISS einen Plan erarbeiten, können einem oder mehreren Darlehensgebern vermittelt werden. Und ĂŒberraschend viele finden im Prozess des Coachings heraus, dass sie ihre Ausbildung eben doch selbst finanzieren können – weil sie die Empfehlungen umsetzen oder dank des ĂŒberzeugenden Plans doch noch im familiĂ€ren Umfeld UnterstĂŒtzung erfahren: „Das freut uns – denn als Stiftung geht es uns nicht darum, möglichst viele Kredite zu vermitteln, sondern um den Erfolg unserer Kandidaten.“​

Dieser Beitrag ist als Erstpublikation im Bildungsmagazin der Bildungsplattform eduwo erschienen. 

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