Die Auswirkungen von Wasserstress entschlüsseln, um den Weinberg auf die Zukunft vorzubereiten

  • 26.09.2025
  • 5 min
In Yvorne, im Waadtländer Chablais, simuliert ein Experiment die klimatischen Bedingungen von morgen. Ziel: verstehen, wie der Weinberg auf die sommerlichen Trockenheitsperioden reagiert, die sich in Zukunft intensivieren werden. Diese innovative Arbeit wird von der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Serena Fantasia im Rahmen ihrer Doktorarbeit an der Fachhochschule Changins durchgeführt.


Ein Interview der HES Changins
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Welcher Weg hat Sie von Italien nach Changins geführt?

Ich komme ursprünglich aus Süditalien und bin in einem kleinen Dorf am Meer aufgewachsen, umgeben von Weinbergen und Olivenhainen. Da ich mich sowohl für die Berge als auch für den Weinbau begeistere, bin ich vor acht Jahren in die Schweiz gezogen, um mein Studium mit einem Master in Weinbau und Önologie in englischer Sprache fortzusetzen. Als ich nach Changins kam, entdeckte ich eine praxisorientierte Ausbildung, in der die angewandte Forschung eine zentrale Rolle spielt. Dieses Eintauchen in die Wissenschaft öffnete mir die Türen zur Welt der Wissenschaft und überzeugte mich davon, dass dies der ideale Weg war, um meine Neugier zu stillen. Nach dem Master und einigen Jahren Erfahrung als Forschungsassistentin begann ich ein Doktorat in Changins, das von den Professoren Sven Bacher (Universität Freiburg) und Thierry Heger (HES Changins) gemeinsam betreut ist.

Wie entstand die Idee, die Auswirkungen der Trockenheit auf den Weinbau zu untersuchen?“

Meine Doktorarbeit ist Teil des Projekts Yvorne Grandeur Nature (www.ygn.ch), eine Initiative, entstanden aus einem Kollektiv von Winzerinnen und Winzern, die darauf abzielt, die Nachhaltigkeit des Weinbaus in der Region zu stärken. Wie anderswo muss sich auch die Region von Yvorne an die Auswirkungen des Klimawandels anpassen, wobei häufigere Trockenperioden während der Saison eine direkte Bedrohung darstellen. Um diese Entwicklungen zu antizipieren und zu verstehen, unter welchen Bedingungen sich die Rebe in einigen Jahrzehnten noch entwickeln kann, wurde das Projekt DRY50 («Drought Research at Yvorne») ins Leben gerufen.

Wie kann man zukünftigen Trockenperioden in den Weinbergen von Yvorne simulieren?

Seit Frühjahr 2024 stehen im Weinberg von Yvorne vier große seitlich offene Gewächshäuser, um verschiedene Wasserstress-Bedingungen zu simulieren. Es werden drei Szenarien getestet:

  1. Eine Bewässrung, die den durchschnittlichen Niederschlagsmengen der letzten zwanzig Jahre in Yvorne entspricht.
  2. Trocknere Bedingungen, basiert auf den Klimaprognosen für das Ende des Jahrhunderts.
  3. Ein noch schwererer Wasserstress als in den Prognosen für das Ende des Jahrhunderts.

Dieses in der Schweiz einzigartige Projekt zeichnet sich durch seinen multidisziplinären Ansatz aus. Es geht nicht nur darum, die Rebe unter kontrollierten Bedingungen zu untersuchen, sondern ihr gesamtes Ökosystem zu analysieren: Bodenmikrobiom, Begrünung, Rebe, Traube, Wein; ohne die komplexen Wechselwirkungen zu vernachlässigen, die diese Komponenten miteinander verbinden.

Was zeigen uns die ersten Beobachtungen?“

Das Jahr 2024 war reich an Beobachtungen, und die ersten Ergebnisse sind beeindruckend. Auf Parzellen, die eine ähnliche Wasserverfügbarkeit wie der durchschnittliche Niederschlag der letzten zwanzig Jahre hatten, blieben die Reben und die Begrünung bis zur Weinlese grün. Unter stärkerem Wasserstress hingegen vergilbt das Gras zwischen den Reihen, das Laub der Reben reduziert sich deutlich und sowohl die Menge als auch die Qualität der Trauben nehmen ab. Diese Tendenzen werden in den nächsten zwei Jahren der Studie noch detailliert analysiert, geben aber bereits jetzt einen klaren Einblick in die Herausforderungen. Im Herbst dieses Jahres findet die erste Verkostung der unter diesen unterschiedlichen Bedingungen entstandenen Weine statt. Ziel: den Einfluss von Wassermangel auf die Qualität und die Aromen der Weine zu bewerten.

Wer steckt hinter diesem Gemeinschaftsprojekt?

An diesem Projekt sind zahlreiche Akteure beteiligt, darunter Fachleute aus der Praxis und wissenschaftliche Institutionen wie Agroscope und die Universität Freiburg. Der Winzer Marco Mayencourt hat sich besonders für das Projekt engagiert und uns sein Grundstück und seine Infrastruktur zur Verfügung gestellt. Wir profitieren auch von der finanziellen Unterstützung der Hoffmann-Stiftung und der Agentur Innosuisse sowie vom Engagement zahlreicher Kollegen aus Changins.

Von der Wissenschaft zum Weinberg: Wie können die Ergebnisse weitergeben werden?

Über die wissenschaftliche Gemeinschaft hinaus wird dieses Experiment wertvolle Informationen für Fachleute aus dem Weinbau und die breite Öffentlichkeit liefern. Mehrere Besichtigungen und Veranstaltungen zur Wissensvermittlung haben es Akteuren aus der Branche, Schulen und neugierigen Besuchern bereits ermöglicht, das Projekt und seine Herausforderungen kennenzulernen. Dieses Wissen wird auch in die Ausbildungsprogramme von Changins einfließen, um künftige Generationen von Önologen auf die klimatischen Herausforderungen vorzubereiten.


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