Alles ist sehr gross – und wie wir die Peterskapelle angemalt haben

Lukas Wind
Animationsstudent | Hochschule Luzern
  • 28.02.2022
  • 4 min
Ein Kind patscht mit seinen kleinen Händen auf die Fassade der Kirche - oder genauer: Auf den kleinen Flusskrebs, der dort vorbeikrabbelt. Wobei "klein" wahrscheinlich nicht das richtige Wort ist, denn das war der Krebs bisher nur in unserer Vorstellung und dann auf unserem Bildschirm. Jetzt ist er etwa so gross wie ein sehr kleiner Elefant.

Die Fassade der Peterskapelle ist dieses Jahr am Lichtfestival Luzern von zwei Seiten beleuchtet und zu sehen gibt es dort unseren Film. Wir sind Animationsstudierende der Hochschule Luzern und haben vor knapp zehn Monaten die ersten Striche auf der Fassade der Kirche gemacht. Natürlich digital, denn sonst hätte man uns wahrscheinlich sehr schnell die Stifte weggenommen. Das Lichtfestival im Jahr zuvor war abgesagt worden, aber das hatte uns nicht daran gehindert, einige Wochen später im April mit unserem Dozenten François Chalet in der nebelverhangenen Altstadt zu stehen, Kameras und Skizzenbücher im Arm. Ob das Lilu nächstes Jahr stattfinden würde, wusste niemand so genau. Aber mit gesundem Optimismus machten wir uns an die Arbeit und entwickelten eine Filmidee, deren Leinwand die Fassade der Peterskapelle sein würde. Ein Projekt, das im Rahmen unserers Studiums in einem unserer Module mit dem kuriosen Namen "Expanded Animation" entstehen sollte.

Kirche statt Kino

Für uns standen ein paar wichtige Elemente im Vordergrund: Unsere Inspiration sollte nur aus der Stadt selbst kommen, die Projektion sollte bunt und unterhaltsam und das Ganze bestenfalls in acht Wochen erledigt sein. Was wir nicht bedachten, war, dass ein Kino und ein Lichtfestival nicht dasselbe ist. Bei der Peterskapelle überraschten uns neue Herausforderungen. Eine davon war der Umstand, dass ungefähr ein Drittel des Publikums nur die Hälfte der Fassade, also unserer Leinwand, sehen würde. Das war für uns ein neues Konzept. Bisher waren wir daran gewöhnt, dass unser Publikum immer alles sehen konnte (es geht schliesslich niemand ins Kino um nur die linke Hälfte von James Bond anzuschauen). Dazu kam, dass unsere Leinwand bei weitem grösser und unübersichtlicher war als das gewohnte Rechteck mit den Vorhängen. All das hatte Auswirkungen auf unsere Geschichte: Wenn wir nicht damit rechnen konnten, dass alle alles zu jeder Zeit mitbekämen, wie würden wir dann eine lückenlose Geschichte erzählen?

Musik als Lösung

Die Antwort lag in der Musik. Gemeinsam mit unserem Komponisten entwickelten wir die Geschichte mithilfe ein paar grober Storyboard-Skizzen, die den ungefähren Ablauf darstellten. Die Musik würde dem Publikum erklären, was gerade los war: Hektische und chaotische Musik, wenn die Möwen um das Brot streiten, geheimnisvolle Klänge in der Unterwasserwelt, in der die Krebse tanzen, und heitere Melodie, wenn unsere kleine Möwe das Brot endlich für sich gewonnen hat. Dann krächzende Töne und bedrohliche Musik als das Brot fast zum Ersticken der kleinen Möwe führt, und Alles-wieder-gut-Musik, als sich der Möwen-Verdauungstrakt mit Schwung dem Brot entledigt.

Wir hatten unseren Spass beim Zeichnen der vielen Vögel und dem Entwerfen der Stadt, die unter anderem Pilatus und Wasserturm versteckt. Und natürlich war es eine riesige Belohnung, das fertige Projekt gemeinsam mit hunderten von Menschen am Lichtfestival ansehen zu dürfen. Der Aufwand hatte sich gelohnt.

Wofür das "expanded" in "Expanded Animation" stehen könnte, das begriffen wir eigentlich erst, als wir dann das Kind mit unserem gezeichneten Krebs spielen sahen: Alles ist sehr gross.

Video der Projektion

Beteiligte Studierende: Nora Dahlheim, Melanie Gerber, Leo Brennauer und Lukas Wind

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